Produzent Clark Spencer über ZOOMANIA

„Wenn man möchte, dass das Publikum den Kinosaal verlässt und über den Film spricht, dann muss man auch Figuren entwickeln, in die sich die Zuschauer verlieben und von denen sie anderen erzählen möchten.“

Bereits im Oktober des vergangenen Jahres war der Produzent Clark Spencer in Hamburg, um den versammelten Pressevertretern erste Ausschnitte und Hintergrundinformationen zu Disneys neuestem Animationsfilm ZOOMANIA zu präsentieren. Wir hatten im Anschluss an die Präsentation die Möglichkeit, mit Spencer über die verschiedenen Aspekte seines Jobs, aber auch über die Herausforderungen dieses Filmes zu sprechen. 


Clark Spencer stammt aus Seattle und schloss 1985 sein Geschichtsstudium in Harvard ab. Drei Jahre arbeitete er für die Bankers Trust Company an der Wall Street, bevor er bis 1990 sein Studium an der Harvard Business School fortsetzte. Seit mehr als 25 Jahren ist Spencer bereits für Disney tätig und begann seine Karriere 1990 in der Abteilung Business-Strategie und Finanzierung. Im Herbst 1993 wurde er zum Finanzdirektor der Walt Disney Animation Studios befördert. Nach einem Abstecher zu den Disney Studios in Floria, wo er als Senior Vice President und General Manager sämtliche Produktionsbereiche sowie Transaktionen überwachte, kehrte er 2002 in die Walt Disney Animation Studios in Burbank zurück, wo er sich seitdem als Produzent verschiedener Kinofilme verantwortlich zeigt. Spencer produzierte u.a. den Disney Animation Film RALPH REICHTS, für den er von der Producers Guild of America als bester Animationsfilm ausgezeichnet wurde.


Sie sind heute hier in Hamburg, um ihr neuestes Werk ZOOMANIA zu präsentieren. Können Sie mir darüber ein wenig mehr erzählen?

ZOMANIA ist diese unglaubliche Stadt, in der nur Tiere leben und die Menschheit niemals existiert hat. Als die Idee von Byron Howard und Rich Moore vorgestellt wurde, haben wir uns sofort in die Geschichte verliebt, weil es bedeutete, dass wir uns vorstellen mussten, wie Tiere eine Stadt entwerfen würden. Wie würden sie sie gestalten, wenn es die Menschen nie gegeben hätte? Das ermöglichte uns die Umsetzung von solch lustigen Dingen wie unterschiedlich große Türen für eine Giraffe, einen Fuchs und eine Maus. Wir benötigten außerdem unterschiedlich große Treppen, Züge und Autos. Jeder Aspekt musste speziell für Tiere entworfen werden, darunter eine Warmwetterzone wie der Sahara Square, eine Kaltwetterzone oder ein Regenwald-Bereich. So wird die Stadt selbst zur Figur im Film, nicht nur die Tiere selbst. Als ich zum ersten Mal von dieser Idee hörte, empfand ich sie als extrem originell und lustig, wobei sie trotz alledem noch einen Fuß im Disney-Vermächtnis hatte – schließlich geht es um sprechende Tiere.

Sie sprachen gerade über die unterschiedlich großen Türen für die einzelnen Tiere.

Als wir die Geschichte entwickelten, wollten wir vor allem, dass der Maßstab real ist. In den meisten Filmen sind die Tiere alle fast gleich groß. Dadurch verliert man aber das, was die Tiere so faszinierend macht. Also wollten wir eine Giraffe so groß machen wie eine Giraffe und eine Maus so klein wie eine Maus. Im Film müsste man 95 Mäuse übereinander stapeln, um eine Giraffe zu erhalten. So erschaffen wir einen wunderbaren Eindruck dieser Welt, der sich äußerst lebendig und sehr real anfühlt. John Lasseter redet uns immer wieder ein, dass wir unsere Welten glaubwürdig gestalten müssen. So erkennen wir die Tiere trotzdem wieder, auch wenn sie hier auf zwei Beinen gehen.

Aber einer der schwierigsten Sachen, an die wir vorab gar nicht gedacht haben, bevor wir mit dem Dreh begonnen haben, ist die Position der Kamera in Bezug auf den Maßstab der Tiere. Wir haben heute eine Szene mit einem Elefanten und einem Fuchs gesehen. Das war eine schwierige Szene in Hinblick auf den Standpunkt der Kamera. Man möchte nämlich keinen Blick über die Schulter nach oben oder nach unten machen, weil damit keine der Figuren gut aussehen würde. Also muss man herausfinden, welche Blickwinkel funktionieren und welche nicht. Es gibt noch einen Szene im Bahnhof auf einer Rolltreppe. Erst kommt eine Giraffe ins Bild, dann ein Löwe und dann ein Hase, während die Kamera sich nicht bewegt. Wir haben sehr lange darüber nachgedacht, wie wir hier den Maßstab darstellen. Das wurde ein extrem komplizierter Teil des Films, aber als wir erst mal den Bogen raushatten, entwickelte es sich zu einem fantastischen Teil davon.

Mr. Big ist ganz offensichtlich eine Referenz an den Paten. Können wir im Film noch weitere Anspielungen auf die Popkultur erwarten?

Ja, es gibt noch weitere Teile des Films, die zwar andere Dinge darstellen, aber vom Prinzip her sehr ähnlich sind. Wir wollten, dass sich die Welt modern anfühlt, gleichzeitig aber auch ganz viel Spaß haben. Wir lassen uns immer durch verschiedene Dinge inspirieren. Wenn wir also darüber reden, dann lassen wir uns durch diese Ideen zu ganz anderen Orten führen. Es wird also ganz viele lustige Dinge fürs Publikum zu entdecken geben. Wir wollen, dass alle unsere Filme vielschichtig sind, damit sich Kinder und Erwachsene gleichermaßen amüsieren können. Genau das schafft diese Szene. Erwachsene, die den Film kennen, werden sich daran erinnern, während Kinder in der Szene erkennen, dass dies eine Figur ist, mit der man sich besser nicht anlegen sollte.

Die Regisseure Rich Moore und Byron Howard sowie Produzent Clark Spencer (vorne, v.l.n.r.) und die deutschen Synchronstimmen von ZOOMANIA, Davis Schulz, Josefine Preuß, Frederick Lau und Rüdiger Hoffmann (hinten, v.l.n.r.).

Während der Präsentation haben Sie erzählt, dass Sie vor knapp 24 Jahren Ihren Job als Banker an den Nagel gehängt haben. Sind Sie heute froh über diese Entscheidung? Gerade in der heutigen Zeit haftet den Bankern ja nicht gerade ein besonders guter Ruf an…

Das ist wohl wahr! Ich würde einfach behaupten, dass mein Timing korrekt gewesen ist. Wenn man in einer Stadt in den USA aufwächst, dann ist Dir nicht unbedingt klar, welche Möglichkeiten da draußen schlummern. Daher folgte ich den Fußstapfen meines Vaters und wurde ein Banker – mit einer durchaus guten Karriere. Aber am Ende des Tages war das einfach nicht meine Leidenschaft. Als mich eines Tages jemand fragte, ob dies das ist, was ich bis an mein Lebensende machen möchte, sagte ich „Nein“. Daraufhin erwiderte man mir: „Nun, dann geh hinaus, finde es heraus und dann mach es“. Also packte ich meine Sachen und zog von New York nach Los Angeles. Dann bekam ich diesen unglaublichen Job bei Disney und 25 Jahre später mache ich tatsächlich Animationsfilme. Das ist bemerkenswert und ich bin wirklich sehr dankbar dafür, kein Banker mehr zu sein. Denn dann wäre ich nicht hier, würde Sie nicht treffen und könnte den Film nicht mit Ihnen teilen.

Ich frage mich immer wieder, warum Filme auf dem deutschen Markt einen anderen Namen erhalten. ZOOMANIA heißt im Original ZOOTOPIA, in sogar Großbritannien ZOOTROPOLIS. Können Sie mir den Grund dafür nennen?

Manchmal ändern wir den Titel, weil sie in den unterschiedlichen Märkten vielleicht keine wirkliche Bedeutung haben. WRECK-IT RALPH (RALPH REICHTS) ist dafür ein tolles Beispiel. Das ist ein Name, der in den USA wunderbar funktioniert, sich aber nicht in andere Sprachen übersetzen lässt. In diesem Fall haben wir den Namen ZOOTOPIA geliebt, weil er eine Mischung aus „Zoo“ und „Utopia“ ist. Es könnte aber in einem anderen Land vielleicht gar nichts bedeuten. Es ist dort vielleicht nur ein Wort. Die Schwierigkeit ist zudem, dass es Markenrechte gibt, die existieren. Also haben wir versucht, im gleichen Kontext zu bleiben. So fühlt es sich zumindest ähnlich an. Daher heißt der Film hier in Deutschland ZOOMANIA, weil es hier entsprechende Markenrechte gibt. In den meisten restlichen europäischen Ländern heißt der Film ZOOTROPOLIS und in Frankreich sogar ZOOTOPIE. Wir haben also immer das „Zoo“ behalten und die Länder eigene Endungen wählen lassen, wenn sie das aus rechtlichen Gründen mussten.

Heutzutage konzentrieren sich viele Filme mehr auf die 3D-Effekte, als auf die Geschichte. Zum Glück ist das bei Disney nicht der Fall. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum sich andere nicht so sehr auf die Kraft einer guten Geschichte verlassen?

Eine gute Geschichte zu erzählen ist wirklich schwierig. Ein schöner Vorteil der Animation und eines der wichtigen Dinge, die John Lasseter als derjenige, der alles überschaut, uns bietet, ist uns die Zeit zu geben, um eine großartige Geschichte aufzubauen. Während des Entstehungsprozesses des Films entwicklen wir bis zu 8 oder 10 verschiedene Version der Geschichte. Dazu haben wir dann noch diesen unglaublichen Story Trust, der aus Regisseuren, Autoren und anderen Menschen aus unserem Haus besteht. Die sehen sich dann den Film an, den ich zusammen mit meinen Regisseuren zusammengestellt habe. Sie machen Anmerkungen und sagen uns, was davon funktioniert und was nicht. So treiben sie die Geschichte voran und machen sie noch besser. Das ist purer Luxus und ein wahres Geschenk für uns. Es ist aber eben auch genau die Art und Weise, wie John Lasseter und Ed Catmull Disney Animation und Pixar führen. Wir sind die einzigen beiden Studios in ganz Hollywood, die so arbeiten. Ich glaube, dass uns das ermöglicht, uns auf das zu fokussieren, was wirklich wichtig ist: Die Geschichte. Natürlich kann man alle diese großartigen Werkzeuge benutzen, damit sich etwas groß und teuer anfühlt, aber wenn man möchte, dass das Publikum den Kinosaal verlässt und über den Film spricht, dann muss man auch Figuren entwickeln, in die sich die Zuschauer verlieben und von denen sie anderen erzählen möchten. Daher haben wir den Luxus von vier oder fünf Jahren, um gemeinsam mit dem Story Trust die beste Geschichte zu entwickeln, die es geben kann.

Findet dieser Austausch den auch zwischen Pixar und Disney Animation statt?

Ja, manchmal auch zwischen den beiden Studios – das ist aber von vielen Faktoren abhängig. Wir treffen uns immer zuerst mit unserem eigenen Story Trust, während sie eine Gruppe namens „The Brain Trust“ haben. Es gibt aber immer mal wieder Momente, wo wir unser Team zur Genüge strapaziert haben und einfach einmal einen Blick aus einer fremden Perspektive benötigen. Daher tauschen wir die Filme von Zeit zu Zeit hin und her. Das ist wirklich ein mächtiges und faszinierendes Mittel, aber gleichzeitig auch ein hartes. Da kommen vielleicht plötzlich Leute daher, nachdem Du drei oder vier Monate an dieser Version der Geschichte gearbeitet hast, und erzählen Dir, was nicht funktioniert. Aber dann gehst Du raus und denkst „Okay, wenn wir das hier so machen, wenn wir das bewegen und dies ändern“, dann beginnen sich die Räder in den Köpfen der Regisseure zu drehen. Es ist phänomenal, wie schnell man eine Geschichte nehmen kann, sie zehn oder zwölf Mal verändert und sich plötzlich alles wunderbar ergibt.

Die deutschen Synchronstimmen von ZOOMANIA, Davis Schulz, Josefine Preuß, Frederick Lau und Rüdiger Hoffmann (v.l.n.r.).

Viele Menschen ist überhaupt nicht klar, woraus der Job eines Produzenten überhaupt besteht. Die meisten denken, dass ein Produzent lediglich sein Geld gibt. Das ist jedoch noch lange nicht alles, oder?

Also Produzent hast Du zuerst einmal einen Plan und ein Budget, auf das du Acht geben musst. Ich sehe es aber so – und das hat mir einmal jemand ganz zu Anfang gesagt – dass der Job eines Produzenten darin besteht, die Vision des Regisseurs auf die Leinwand zu bringen. Das bedeutet, dass man das Team der Künstler aufbauen muss, die für dieses Projekt engagiert werden. Dann musst Du sie dabei unterstützen, dorthin zu gelangen, wo sie ankommen sollen. Das bedeutet, dass man Rechercheure einstellen muss, oder Reisen in Zoos oder nach Afrika unternehmen muss – je nachdem, um welches Thema es geht. Außerdem muss man die Schauspieler finden. Das Allerwichtigste, das man tun muss, ist aber zuzuhören. Du musst in einem Raum sein und dem Team zuhören, anstatt nur über Ideen zu sprechen. Du musst sicherstellen, dass der Raum so effektiv arbeitet, wie eben möglich – dass sie wirklich miteinander kommunizieren. Es gibt Momente, da sagst Du: „Okay, Ich glaube nicht, dass Du verstehst, was diese Person Dir sagen will, weil Ihr Euch auf unterschiedlichen Seiten befindet. Wie also kommen wir beide auf dieselbe Seite“. Du versuchst also ständig, die Kreativität zu fördern, aber Du musst das auf eine Art und Weise machen, die es dem Raum erlaubt, herauszufinden, wie man am besten kommuniziert. Das Schwierigste ist aber ist, dass Du niemandem sagen kannst, er möge genau jetzt und heute kreativ sein. Du kannst nicht sagen „Du musst dieses kreative Problem heute lösen“, denn dann würdest Du niemals die beste Antwort bekommen. Also musst Du herausfinden, wie man eine Umgebung erschafft, die es dem Raum ermöglicht, kommunikativ und gemeinschaftlich zu sein, während Du gleichzeitig sicherstellen musst, dass das Timing und das Budget nicht überschritten werden. Es ist wirklich schwer, dabei die Balance zu halten, aber es macht auch verdammt viel Spaß.

In jedem Disney Film spielt die Musik eine wichtige Rolle. Sie haben hier Shakira an Bord, die den Titelsong singt. Können Sie dazu noch ein wenig mehr verraten?

Als wir den Film entwickelt haben, haben wir daran gedacht, auch einen Popstar zu haben, damit sich die Welt real anfühlt. Als wir uns auf die Figur Gazelle geeinigt hatten, stellte sich die Frage, wer diese Rolle spielen könnte. Da wir durchaus mit Stereotypen spielen, wollten wir keinen Popstar, dem die Welt vollkommen egal ist. Wir wollten eine Künstlerin, die in wesentlich größere Dinge involviert ist. Genau so jemand ist Shakira. Sie ist eine unglaubliche Künstlerin, aber sie ist in diversen Hilfsorganisationen aktiv und kümmert sich um das, was in der Welt geschieht. Wir wussten, dass sie die richtige Person ist, ausserdem bringt sie einen gewissen Akzent in diese Welt. Wir wollten, dass sich die Welt international anfühlt, daher haben wir ganz viele unterschiedliche Charaktere. Im Original mögen sie auf den ersten Blick vielleicht nur englisch sprechen, aber sie tun das mit unterschiedlichen Akzenten, damit sich die Welt groß und international anfühlt. Erst dann kam die Idee, einen oder zwei Songs im Film zu haben. Wir haben also zuerst die Figur entwickelt und dann mit ihr zusammengearbeitet. An einem bestimmten Punkt war uns klar, dass zu dieser Zugfahrt am besten ein Song passen würde. Shakira machte sich darüber sehr viele Gedanken und kam dann mit diesem wunderbaren Song „Try Evrything“ daher. Wenn man sich den Text einmal ganz genau anhört, dann erzählt er uns im Prinzip die Geschichte von Judy. Das ist einfach toll!

In der Stadt gibt es verschiedene Arten von Landschaften direkt nebeneinander, wie die Tundra, eine Wüste, einen Regenwald und vieles mehr. In der Präsentation erwähnten Sie, dass Sie sich sehr viele Gedanken darüber gemacht haben, damit das alles auch irgendwie Sinn ergibt.

John Lasseter sagt, dass die Welt wirklich glaubhaft sein muss. Als wir sie entworfen haben, dachten wir sehr viel darüber nach, wie die Tiere sie wohl entwickelt hätten. Es würde vermutlich eine Innenstadt mit einer Art Wasserloch gegeben, denn dort versammeln sich die Tiere. Aber es müsste zudem auch andere Bezirke geben. Wir benötigten einen kalten Ort für die Kaltwettertiere wie Eisbären, einen warmen Ort für die Warmwettertiere wie Kamele, einen Regendwald-Bezirk für Tiere wie den Jaguar, kleine Orte für Mäuse, so dass sie nicht zertrampelt werden, und natürlich einen Ort für die Hasen. Dann beginnst Du jedoch darüber nachzudenken, was davon wirklich Sinn ergibt. John treibt uns diesbezüglich immer wieder an und so kam jemand auf die Idee einer Klimaanlage. Das ist so einfach, aber eben doch realistisch. Eine Klimaanlage bläst kalte Luft in einen Raum, während auf der anderen Seite warme Luft austritt. Die warme Luft gibt uns daher den Sahara Square und die kalte Luft Tundra Town. Deshalb gibt es diese massive Wand, die diese beiden Teile voneinander trennt. Wenn der Schnee dann wieder schmilzt, wird das Tauwasser zum Wasserfall im üppigen Regenwald-Bezirk. Das war eines dieser genialen Dinge, bei denen uns die Rechercheure darüber informierten, was wir benötigten und als wir es erst einmal herausgefunden hatten, wurde alles sehr einfach und ergab Sinn.

Können Sie bereits sagen, wie Ihre nächsten Projekte aussehen?

Bei Disney und Pixar – und das liebe ich so an John Lasseter – läuft es wie folgt: John glaubt fest daran, dass Du für etwas, an dem Du arbeitest, eine riesige Leidenschaft entwickeln musst. Schließlich wirst Du daran für vier oder fünf Jahre arbeiten. Wenn wir einen Film beenden, neigen wir dazu, nicht allzu weit in die Zukunft zu schauen, denn nach vier oder fünf Jahren benötigst Du zuerst einmal eine kleine Auszeit. Dann treffen wir uns mit den Regisseuren, die uns von all ihren Ideen erzählen, um zu sehen, ob es bei irgendeiner Geschichte passt. Schließlich muss man sich voll und ganz in ein Projekt verlieben. Als Byron Howard die Idee eines Filmes mit sprechenden Tieren vorstellte, hatte ich schon zur Hälfte angebissen, denn DAS DSCHUNGELBUCH zählt zu meinen absoluten Lieblingsfilmen. Als er dann noch ausführte, wie unglaublich diese Welt werden würde, war ich hundertprozentig dabei. Für mich geht es also in erster Linie mehr darum, einen Film fertigzustellen, als herauszufinden, was ich als nächstes machen möchte. Das ist ein echter Luxus, das muss zugeben.

Wie viele Filme befinden sich derzeit in der Produktion bei Disney Animation?

Normalerweise haben wir zwei Filme in der aktiven Produktion. Wir stellen gerade diesen hier fertig und dann gibt es einen weiteren mit dem Titel MOANA, der als Nächstes veröffentlicht wird. Dieser befindet sich aktuell in den Anfangsschritten der Produktion. Wir haben aber noch weitere Projekte in der Planung. Gerade erst haben wir GIGANTIC angekündigt und dann wird es noch FROZEN 2 geben. Zudem haben wir noch etwa fünf oder sechs weitere Projekte in der Entwicklung. Das ist gerade ein sehr fruchtbarer Ort. Es hört sich vielleicht verrückt an, wenn man über alle diese Filme in der Entwicklung nachdenkt, aber es ist extrem aufregend.

Wenn Sie oder irgendwer eine Idee für einen neuen Film hat, wie sehen die einzelnen Schritte aus, bevor es grünes Licht für eine Produktion gibt?

John Lasseter bittet alle Regisseur darum, sich drei Ideen auszudenken. Dadurch will er vermeiden, dass sich ein Regisseur zu sehr an eine einzige Idee klammert. Das ist toll, denn es zwingt einen dazu, zu sagen „Okay, ich habe diese Idee hier schon seit einer gefühlten Ewigkeit im Kopf, aber ich muss mir noch etwas anderes einfallen lassen“. Manchmal ergibt sich daraus auch ein Gemisch aus Ideen. In diesem Fall kam Byron an und sagte „Ich habe verschiedene Geschichten, die ich erzählen möchte. Zum einen ein Film mit sprechenden Tieren und zum anderen eine James-Bond-artige Geschichte.“ Als er uns diese Geschichten vorstellte, sagte John: „Nun, mir gefällt diese Bond-artige Geschichte sehr gut, ich mag aber auch die Idee von der Tierwelt. Warum verbinden wir diese beiden Geschichten nicht einfach“? So entstand diese Idee, doch die Bond-Komponente fiel irgendwann heraus, denn zu diesem Zeitpunkt spielte die Hälfte der Geschichte in der Stadt Zoomania und die andere auf einer einsamen Insel. Irgendwie sind diese abgelegenen Inseln typisch für einen Bond-artigen Film. John sagte dann „Aber ich liebe diesen Teil der Welt so sehr. Verlasse ihn nicht, gehe nicht auf die Insel, verbringe die Zeit lieber hier“.So entwickelte sich der Film und wurde mehr zur Buddy-Cop-Comedy, als zu einer Bond-artigen Geschichte. Es fängt also alles mit einem Regisseur an, der drei Ideen vorstellen muss und John, der sich entweder auf eine davon einschießt oder auf Teile von allen dreien. Dann fängt der Regisseur dort an und entwickelt die Geschichte weiter. Irgendwann gibt es dann den Punkt, an dem wir sagen „Wir fühlen uns hundertprozentig dieser Idee verpflichtet“. Dann geben wir grünes Licht und fangen an, das Team aufzubauen.

Vielen Dank für das Interview.

Wir haben das Interview am 8. Oktober 2015 in Hamburg geführt.

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