Christian Tramitz: „Ich bin ein großer Fan von Hank in FINDET DORIE“

Zum Kinostart von FINDET DORIE haben wir uns mit dem Schauspieler Christian Tramitz getroffen, der in der Fortsetzung erneut dem Clownfisch Marlin seine Stimme leiht. 

 

Seit dem ersten Teil sind ja inzwischen 13 Jahre vergangen, im Film vergeht aber nur ein Jahr. Wie hast Du es gemacht, dass man die lange Zeitspanne nicht an Deiner Deiner Stimme erkennen kann?

Ich habe mir einfach den ersten Teil nicht noch einmal angeschaut, da ich den täglich sowieso fünf Mal höre, schließlich habe ich vier Kinder, die sich ständig diesen Film anschauen. Die Stimme verändert sich, glaube ich, auch weniger als das Aussehen und meine war schon immer ein wenig kaputt. Deswegen merkt man es auch nicht, hoffe ich zumindest.

Was war denn Dein erster Gedanke, als Du gehört hast, dass es eine Fortsetzung geben wird?

Geil! Ich habe mir gedacht „warum nicht so viel früher“? Das ist jetzt wirklich kein Marketing-Gequatsche, aber das ist tatsächlich einer meiner Lieblingsfilme neben ICE AGE. Ich fand den Film immer wahnsinnig toll und war sehr stolz, dass ich darin sprechen durfte. Anke hatte mir schon erzählt, dass ein zweiter Teil kommen wird, aber das heißt es schon seit zehn Jahren. Ich bin aber froh, dass Marlin wieder dabei ist.

Christian Tramitz spricht Marlin

Welche Unterschiede siehst Du denn zwischen dem Marlin von damals und dem Marlin von heute?

Grob würde ich sagen, dass er sich charakterlich nicht sehr viel weiterentwickelt hat. Er ist immer noch sehr ängstlich, er geht nicht gerne von zu Hause weg, er will lieber in seiner Anemone bleiben, aber unter Druck fängt er dann an zu funktionieren. Das ist ja auch so ein alter dramaturgischer Kniff: Setze Deine Hauptperson unter Druck und Du kriegst einfach geile Situationen. Wenn er ein Held wäre, wäre das vermutlich gar nicht so interessant. Aber da man man weiß, dass er eher – sagen wir mal – Buchhalterqualitäten hat, dann aber Leute retten, auf seinen Sohn aufpassen muss und den Ozean durchqueren muss, den er wegen seiner Größe allgemein nicht so mag, kriegt das natürlich einen wahnsinnigen Kick. Er darf sich eigentlich gar nicht weiterentwickeln. Er hat immer noch Angst, ist immer noch besorgt, aber er hat mittlerweile ein bisschen mehr Vertrauen zu Dorie. Er sagt im Film ein paar Mal sehr schön „Was würde Dorie tun?“ und versucht schon, über seinen Schatten zu springen. Das macht die Figur oder den Fisch interessant.

In welchem Produktionsstatus hast du erfahren, dass Findet Dorie kommen wird? Es hätte ja auch passieren können, dass Du Dich dazu entscheidest, Marlin nicht erneut Deine Stimme zu leihen. Dann würde Disney ja durchaus vor einem Problem stehen und müsste die Synchronisation neu besetzen.

Ich glaube, so groß wäre das Problem nicht gewesen, wie es beispielsweise bei den Simpsons der Fall war, wo die Stimme jetzt einfach nicht mehr da ist. Die Frage hat sich mir aber wirklich nicht gestellt, schließlich gibt es keinen schlechten Pixar-Film. Da ist man eher wahnsinnig stolz, als dass man sagt, man würde ihn nicht mehr sprechen. Ich mochte den immer sehr gern, weil er anders ist und weil er keiner der Helden ist, die ich normalerweise synchronisiere. Weil er eher ein zögerlicher, leicht gebrochener Charakter ist, ist es auch interessanter, ihn zu synchronisieren.

Findet Dorie

Du bist ja bereits seit den 80er Jahren Synchronsprecher. Was hat sich für Dich in Deiner Arbeit verändert. Ist es vielleicht nur die Technik oder ist es für Dich auch eine ganz andere Herausforderung?

Es ist nicht mehr so lustig wie früher. Früher stand man zu fünft am Mikrofon und dann gab es Verlacher. Es ist schnelllebiger geworden, aber es ist technisch sicherlich auch besser geworden. Es gib keine Schleifen mehr, sondern es ist alles digital. Für mich war es früher einfach schöner, weil es ein Gemeinschaftserlebnis war. Man konnte gemeinsam lachen oder sich auch mal gemeinsam anschreien. Jetzt ist man halt isoliert und alleine im Studio, hat hinten die Regie und kann nicht mehr direkt antworten. Es wird einem zwar teilweise der Partner eingespielt, aber das ist nicht zu vergleichen. Es hat alles seine Vor- und Nachteile und geht so natürlich schneller. Aber das Gemeinschaftserlebnis ist in etwa so, als würde man allein ein Theaterstück spielen.

Bist Du bei einer solchen Rolle wie Marlin überhaupt in der Lage, der Figur Deinen eigenen Stempel aufzudrücken oder befindest Du dich dort in einem starren Korsett und musst genau das abliefern, was auch im Original stattfindet?

Das ist ein relativ starres Korsett. Man kann einen solchen Text nicht improvisieren, weil er minutiös darauf zugeschnitten ist. Da haben sich viele Leute Gedanken gemacht, schließlich soll es ja auch sehr synchron aussehen, obwohl es ein Fisch ist und animiert ist. Da sind sie dann in Deutschland sehr genau, dass muss man schon sagen. Man kann versuchen, ein bisschen was von seiner Persönlichkeit einzubringen – und das macht man auch automatisch – aber man orientiert sich natürlich auch an der Stimme des Originals. In meinem Fall ist das Albert Brooks, der das auch fantastisch macht, wie ich finde. Da kann man versuche, hinzukommen und noch selber etwas von sich einzubringen. Aber mehr ist, glaube ich, nicht möglich.

Christian Tramitz spricht Marlin

Wenn Du der Figur des Marlins also eher weniger Deinen eigenen Stempel aufdrücken kannst, findest Du dann im Umkehrschluss Eigenschaften der Figur an Dir selbst wieder?

Ja, absolut. Er ist halt ein Vater und ich bin da auch eher auf der Marlin-Seite, also überbesorgt. Ich bin nicht der lässige Vater, der sagt, „fahrt mal auf die B12 mit dem Fahrrad, da wird schon nichts passieren“. Ich neige da auch zur Übervorsicht, während meine Frau da wesentlich entspannter ist. Ich bin es nicht und als Vater eben eher Marlin.

Gibt es eine Rolle in der Vergangenheit, die Du gerne gesprochen hast?

Wen ich wahnsinnig gerne gesprochen habe – obwohl der mit stimmlich gar nicht so ähnlich ist – ist Matt Dillon. Den mochte ich sehr gerne, weil er einfach ein sehr toller Schauspieler ist und man von ihm als Sprecher tatsächlich noch etwas lernen kann. Er hat eine Stimme, die ungefähr eine Oktave tiefer ist als meine, aber trotzdem hat mir das Spaß gemacht. Ray Liotta mochte ich noch wahnsinnig gerne, der kam mir entgegen.. Wenn jemand gut spielt und man mitkriegt, was er spielt, dann kann man es auch leichter synchronisieren. Aber es gibt auch Fälle, bei denen es gründlich daneben gegangen ist. Aber die werde ich hier nicht nennen.

Hast Du eigentlich eine Lieblingsszene in FINDET DORIE?

Ja, ich bin ein großer Fan von Hank. Ich finde das so unfassbar gut. Ich habe zwar bislang nur das englische Original gesehen, aber ich habe mich totgelacht. Ein so abgefahrenen Oktopus in einer solchen Auffangstation, der sich dort aber eigentlich arrangiert hat und gar nicht mehr raus will, das ist einfach eine grandiose Idee. Der hat mir wahnsinnig gut gefallen. Aber ansonsten ist es eigentlich wie immer bei Pixar: ein dramaturgisch perfekter Film.

Findet Dorie

Wie sind denn Deine Pläne für die Zukunft? Was dürfen wir als Nächstes von Dir erwarten?

Ich habe in diesem Jahr wirklich sehr viel gemacht. Ich habe 16 Folgen und einen 90-Minüter von HUBERT & STALLER gedreht und einen Kinofilm geschrieben und gedreht, BULLYPARADE – DER FILM, der nächstes Jahr ins Kino kommt. Am Montag fange ich jetzt wieder mit HUBERT & STALLER an, mache wieder 16 Folgen und schreibe gerade auch noch wieder an einem Kinofilm, der hoffentlich auch irgendwann gedreht wird. Da darf ich aber noch gar nicht sagen, was das ist. Aber darin werde ich dann hoffentlich auch mitspielen. Weiter denke ich noch nicht – (lacht) – denn sonst bin ich verwirrt.

Kannst Du schon etwas zu dem Konzept von BULLYPARADE – DER FILM sagen?

Das ist eigentlich ein bisschen früh. Man kann sagen, dass es mehrere Episoden von Filmen sind, die es schon mal gegeben hat. Mehr darf nicht wirklich nicht sagen. Jetzt kann jeder selbst schlussfolgern…

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview haben wir am 15.09.2016 in Berlin geführt.

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