In seinem dritten Film INFINITY POOL erforscht Autor und Regisseur Brandon Cronenberg die Abgründe der menschlichen Existenz: Zu was werden wir, wenn wir keine Konsequenzen unseres Handelns zu befürchten haben…
Zusammen mit seiner Frau Em (Cleopatra Coleman) möchte Autor James (Alexander Skarsgård) ein paar ruhige Tage in einem abgeschiedenen und eingezäunten Urlaubs-Ressort verbringen. Dort trifft er auf die verführerische, aber gleichzeitig äußerst mysteriöse Schauspielerin Gabi (Mia Goth), die ihn dazu anstiftet, trotz der Warnung das sichere Anwesen für eine Party zu verlassen. Auf der Rückfahrt geschieht dann das Unfassbare: James überfährt mit dem geliehenen Wagen einen Einheimischen, der noch am Unfallort verstirbt. Am nächsten Tag steht die örtliche Polizei vor der Tür und verkündet, dass nach den Gesetzen des Landes ein Mörder automatisch zum Tode verurteilt wird – durch die Hand eines Kindes des Getöteten. Aber es gibt einen Ausweg, wenn man denn über die entsprechenden Geldmittel verfügt. Dann kann man einen Klon erstellen lassen, der die selben äußerlichen Merkmale, sowie die gleichen Erinnerungen aufweist, und ihm beim Sterben zusehen. Was folgt ist ein Strudel aus Gewalt – denn was hat man schon zu befürchten, wenn man sich aus allem heraus kaufen kann…?
Nach seinen Filmen „Antiviral“ und „Possessor“ bleibt Autor und Regisseur Brandon Cronenberg dem Horror-Genre treu. Wer mag es ihm verdenken, schließlich hat er von einem der Besten seines Fachs gelernt: Sein Vater David Cronenberg kann auf eine eindrucksvolle Karriere zurückblicken. Aber irgendwie macht Brandon dann auch sein eigenes Ding. Seine Film sind nicht allzu sehr verkopft wie die seines Vaters (das soll nicht abwertend klingen, ich liebe nach wie vor seinen Film „eXistenZ“ (1999) mit Jude Law in der Hauptrolle). Aber auch die Verleiher erkennen langsam, was für ein Talent Brandon Cronenberg mitbringt. Wurde „Possessor“ noch vom eher kleinen Kinostar herausgebracht, ist INIFITY POOL bereits bei einem der Majors gelandet, nämlich Universal Pictures.
Von INFINITY POOL gibt es eine geschnittene und eine ungeschnittene Fassung, die sich jedoch nur in wenigen Frames unterscheiden, wie Brandon Cronenberg mir im Kurz-Interview (s.u.) auf der diesjährigen Berlinale verraten hat. Lange Zeit war unklar, welche Version in den deutschen Kinos gezeigt werden würde, aber mit der Altersfreigabe ab 18 Jahren dürfte die Antwort klar sein.
INFINITY POOL lebt von seinen Hauptdarstellern Mia Goth und Alexander Skargård, die sich hier wunderbar die Bälle zuspielen. Goth, die zuletzt in den Filmen „X“ und „Pearl“ (startet bei uns am 1. Juni 2023) von Regisseur Ti West zu sehen war und aktuell gerade „MaXXXine“, den dritten Teil der Reihe dreht, fühlt sich im Horror-Bereich offenbar mehr als zu Hause. Obwohl sie sich nie bewusst dafür entschieden hat, sondern Projekte so gut wie immer aufgrund des Regisseurs auswählt. Alexander Skarsgårds Rolle des James hingegen steht im völligen Gegensatz zu seiner letzen Arbeit als draufgängerischer Wikinger in „The Northman“ von Robert Eggers und zeigt, wie wandelbar der Schwede ist.
Am Set von INFINITY POOL wurde zum ersten Mal mit einem Intimacy Coordinator gearbeitet. Diese(r) sorgt dafür, dass explizite Szenen immer im gegenseitigen Einverständnis ablaufen und sich niemand bei solchen Drehs überrumpelt oder gar unwohl fühlen muss. Das wird immer mehr Gang und Gebe am Set und gerade in Zeiten von #meToo begrüße ich das sehr. Aber so unterschiedlicher die Menschen sind, so verschieden gehen sie auch so etwas heran. Während Marlene Burow und Felix Kramer das beim Dreh ihres Films „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ sehr begrüßt haben, wie sie mir im Interview verraten haben, sieht Mia Goth das ein wenig anders. Zwar begrüßt auch sie diese Veränderung, glaubt aber, dass man manchmal „einfach machen muss“, ohne groß drumherum zu reden. Das hat sie mir in unserem Kurz-Interview auf der Berlinale verraten (s.u.).
INFINITY POOL ist ein starker Film, der noch lange nachwirkt. Allerdings muss man sich auf ein paar unschöne Szenen einstellen, aber als Belohnung gibt es einen erstklassigen und für das Genre erstaunlich tiefgründigen Film. Bravo!
Im Rahmen der Berlinale stand mir der Autor und Regisseur Brandon Cronenberg in einem Interview Rede und Antwort. Wir sprachen u.a. über die Unterschiede zwischen der geschnittenen und der ungeschnittenen Version, aber auch über bevorstehende Projekte.
Auch Mia Goth und Alexander Skarsgård durfte ich zum Interview treffen und von ihnen u.a. erfahren, was sie so sehr an ihren Rollen gereizt hat, dass sie diesen Film unbedingt machen wollten.
Infinity Pool (USA 2023)
119 Minuten
Horror / Science-Fiction / Thriller
Brandon Cronenberg
Brandon Cronenberg
Alexander Skarsgård, Mia Goth, Cleopatra Coleman, Jalil Lespert, Amanda Brugel, John Ralston, Jeffrey Ricketts, Caroline Boulton, Thomas Kretschmann
Universal Pictures International Germany GmbH