In voller Blüte

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Das also soll die letzte Filmrolle von Michael Caine sein, wie er inzwischen bekannt gab. Ausgerechnet in dem sentimentalen Melodram IN VOLLER BLÜTE von Oliver Parker. Für Glenda Jackson war es der letzte Film: Sie starb am 15. Juni 2023. Übrigens: Beim deutschen Titel har sich der Verleih so richtig Mühe gegeben: IN VOLLER BLÜTE heißt im Original „The Great Escaper“, so viel wie „Der große Ausreißer“. Aua!

Zwei Tattergreise in einem englischen Pflegeheim – gedreht nach einer wahren Geschichte. Das muss reichen, um Kinofans vom Besuch abzuraten. Doch wer wie ich mit den Filmen von Glenda Jackson und Michael Caine aufgewachsen ist, wird garantiert eine Karte lösen und im Saal so manche Träne vergießen. Genau für dieses Publikum hat Oliver Parker seinen Film gedreht.

2014: Die seit 60 Jahren verheirateten Rene (Glenda Jackson) und Bernie (Michael Caine) leben in einem Pflegeheim in der Nähe von Brighton. Rene ist schwer krank und muss von Adele (Danielle Vitalis) ständig umsorgt werden. Bernie will als ehemaliger britischer Soldat unbedingt am D-Day-Veteranentreffen anlässlich des 70. Jahrestages der Landung der Alliierten in der Normandie teilnehmen, hat aber die Anmeldefrist versäumt. Also macht er sich privat auf, ohne seine Frau einzuweihen: Bus zur Fähre, Kanalüberquerung, Bus zum Hotel in der Normandie.

Da Bernie spurlos verschwunden ist, gerät auch die Heimleitung in helle Aufregung. Im Laufe des Tages findet Bernie den Mut, seine Frau telefonisch zu informieren. Inmitten seiner ehemaligen Kameraden blüht er förmlich auf und erhält durch Beziehungen sogar einen Podiumsplatz bei der offiziellen Feier – direkt hinter Barack Obama. Und auch die Medien werden auf Bernies Abenteuer aufmerksam: Es folgen TV-Auftritte und Titelseiten. Bernie wird zum Star.

Immer wieder schneidet Parker in Rückblenden den jungen Bernie als Funker bei der Navy ein. Bei der Landung muss er erleben, wie sein engster Freund im Kugelhagel am Strand stirbt. Am Ende besucht er dessen Grab auf dem örtlichen Soldatenfriedhof. Das ist leider genauso unerträglich sentimental inszeniert wie die Schlusssequenz aus „Der Soldat James Ryan“ von Steven Spielberg. Das hätte nicht sein müssen.

IN VOLLER BLÜTE ist grenzwertig. Nur etwas für Nostalgie-Fans!