I Like Movies

27.03.2025

Viele kleine Independent-Filmperlen finden leider nie den Weg in die deutschen Kinos. Um so schöner, dass es mit I LIKE MOVIES jetzt endlich mal wieder ein Vertreter geschafft hat. Jetzt liegt es an euch…

Im beschaulichen Burlington, einem Vorort von Toronto, lebt 2003 der überambitionierte Filmfreak Lawrence (Isaiah Lehtinen), dessen Freizeit neben der Schule darin besteht, mit seinem besten Freund Matt (Percy Hynes White) jeden Samstag Abend „Saturday Night Live“ zu schauen und dabei so zu tun, als seien sie selbst die Hosts der Show. Von seinem Lehrer erhalten die beiden Filmnerds zudem den Auftrag, eine Schulabschluss-Doku zu drehen, doch Lawrence ist viel zu sehr mit seinen Zukunftsplänen beschäftigt, um auch nur eine einzige Szene zu filmen. Schließlich will er nach seinem Abschluss unbedingt an die renommierte TISCH School of the Arts an der New Yorker Uni gehen. Um die 90.000 Dollar Studiengebühren aufzubringen, fängt er daher einen Nebenjob in der örtlichen Videothek „Sequels“ an, wo er mit seinem Filmwissen auf Gleichgesinnte trifft. Besonders zu seiner einige Jahre älteren Chefin Alana (Romina D‘Ugo) baut er eine eine komplizierte Freundschaft auf. Doch Lawrence vernachlässigt bei all seinen Wünschen und Träumen die Menschen um sich herum mehr und mehr. Als der Schulabschluss immer näher rückt muss er sich eingestehen, dass er vielleicht auch einfach nur ein arrogantes und wichtigtuerisches Arschloch ist…

Bereits vor drei Jahren ist I LIKE MOVIES in Kanada erschienen. Dass er erst jetzt in die deutschen Kinos kommt, ist zwar auf den ersten Blick schade, liegt aber hauptsächlich an der schieren Menge von Filmen, die jedes Jahr um die besten Startplätze kämpfen. Daher sollten wir uns eher glücklich schätzen, dass der Camino Filmverleih das Potenzial dieses Kleinods erkannt hat. Zwar wird es der Film auch hier schwer haben, aber ein Blick darauf lohnt sich in jedem Fall.

Der Film beginnt wie fast jeder Independent-Film: Wir lernen einen Menschen kennen, der mit seinen Spleens auf den ersten Blick sonderbar wirkt, aber eigentlich nur ein klassischer (Film-) Nerd ist. Normalerweise entwickeln sich solche Figuren typischerweise in ihrer Hero‘s Journey mit ein paar Stolpersteinen zu einer Art „Everybody‘s Darling“, doch die Regisseurin und Drehbuchautorin Chandler Levack hatte offenbar anderes im Sinn. Denn ihre Hauptfigur wandelt sich mehr und mehr zum egoistischen Ekelpaket, der sich für den größten Filmconnaisseur hält und mit seinem Verhalten immer mehr seiner wenigen Freunde verstößt. Das genau macht aber den besonderen Reiz des Films aus, schließlich entwickelt sich die Story überhaupt nicht so, wie man es erwartet.

Ein bisschen hat sich Levack dabei an ihre eigene Jugend erinnert, als sie im Hinterzimmer der Blockbuster-Filiale eine Panikattacke erlitt und ihre Mutter versuchte, sie durch die geschlossene Tür zu beruhigen. Diese Szene ist letztendlich fast genauso im Film gelandet. Entstanden ist der Film übrigens durch das Talent-to-Watch-Programm, mit dem Telefilm Canada aufstrebende Filmemacher bei ihren ersten Spielfilmen unterstützt.

Zusammen mit ihrem Kameramann Rico Moran hat Levack außerdem eine interessante Bildsprache gefunden. Zu Beginn sieht man die beiden Freunde Lawrence und Matt häufig zusammen in sogenannten „Two-Shots“. Als ihre Freundschaft jedoch zerbricht, sieht man sie mehr aus größerer Entfernung und seltener zusammen. Zudem war es den beiden wichtig, im klassischen Academy-Format (1,33:1) zu drehen, um Lawrence‘ intensive Perspektive zu betonen.

Bei der Ausstattung der Videothek hatte Levack dann unfassbares Glück. Sie hörte von einer Blockbuster-Filiale im Norden von Ontario, die seit zehn Jahren leer stand. Darin war alles noch völlig unberührt, fast so als wäre der Laden am Vortag erst geschlossen worden. Für Levack war das wie eine Zeitreise in ihr Jahr 2003 mit sämtlichen TVs, Computern und Regalen – Genau so, wie sie es in Erinnerung hatte.

All diese kleinen Dinge machen den Charme von I LIKE MOVIES aus. Wer selbst noch mit Videotheken aufgewachsen ist, wird sich mit diesem Film genüsslich daran erinnern können. Ja, Chandler Levack ist mit ihrem Spielfilm-Debüt wirklich eine kleine Perle gelungen, an der aber auch Nicht-Film-Nerds ihre Freude haben können. Daher bitte ich jeden Leser inständig: Gebt diesem Film eine Chance und löst ein Kino-Ticket, damit solche kleinen Filme auch in Zukunft noch eine Chance haben.

Trailer

ab12

Originaltitel

I Like Movies (Kanada 2022)

Länge

104 Minuten

Genre

Komödie

Regie

Chandler Levack

Drehbuch

Chandler Levack

Kamera / Director of Photography (DOP)

Rico Moran

Darsteller

Isaiah Lehtinen, Romina D’Ugo, Krista Bridges, Percy Hynes White

Verleih

Camino Filmverleih GmbH

Filmwebsite

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