Hagen – Im Tal der Nibelungen

17.10.2024

So manchen von uns ist in seiner Schulzeit im Deutschunterricht wohl das Nibelungenlied begegnet, das zu Beginn des 13. Jahrhunderts in mehreren Abschriften auf Mittelhochdeutsch veröffentlicht worden war. Im 19. Jahrhundert galt es als Nationalepos der Deutschen – auch dank Richard Wagner, der das Werk zur Grundlage seiner Opern-Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“ machte. Schon Fritz Lang (1924) und Harald Reinl (1966/67, mit Hammerwurf-Bronzemedaillengewinner Uwe Beyer als Siegfried) hatten die Geschichte verfilmt, 2004 erschien dann noch eine TV-Version von Uli Edel auf Sat.1. Jetzt kommt HAGEN – IM TAL DER NIBELUNGEN von Cyrill Boss und Philipp Stennert in unsere Kinos.

Als Vorlage für dieses opulente Fantasy-Filmepos diente der Roman „Hagen von Tronje“ (1986) von Wolfgang Hohlbein. Der deutsche Bestsellerautor hatte in seinem Buch die Geschichte um Siegfried und Hagen komplett gegen den Strich gebürstet und mit anderen Sagenwelten verknüpft. So wurde aus dem „Mörder“ Hagen ein heimlich in Kriemhild verliebter Zweifler. Daraus haben die beiden Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert ein Filmspektakel gemacht, das sich unübersehbar an der „Herr der Ringe“-Trilogie und TV-Dauerbrennern wie „Game of Thrones“ orientiert. Fantasy-Fans werden begeistert sein!

Nachdem sein Vater Dankrat (Jörg Hartmann) bei einer Schlacht getötet worden war, müssen der neue König Gunter (Dominic Marcus Singer), seine Schwester Kriemhild (Lilja van der Zwaag) sowie seine Brüder Gernot (Bela Gabor Lenz) und Giselher (Alessandro Schuster) mit dem Schmerz umgehen. An ihrer Seite steht der treue Waffenmeister Hagen (Gijs Naber). Ihr kleines Königreich Burgund mit dem Hauptsitz Worms am Rhein ist von Feinden umgeben. Rettung naht in der Gestalt von Siegfried von Xanten (Jannis Niewöhner), ein selbstherrlicher Held und Drachentöter, der als unbesiegbar gilt. (Von seiner verwundbaren Stelle an der Schulter wissen nur die wenigsten, als bei seinem Bad im Drachenblut ein Lindenblatt am Körper kleben blieb.)

Kriemhild weigert sich, eine Zweckheirat mit dem alten König eines fernen Landes einzugehen und wirft ein Auge auf Siegfried – doch sie weiß auch um Hagens Begehren. Nach einer siegreichen Schlacht verlobt sich Siegfried mit der Schwester des Königs. Doch als Gegenleistung verlangt Gunter, dass der blonde Recke aus Xanten ihm dabei hilft, um die Walküre Brunhild (Rosalinde Mynster) zu freien. Bislang hatte die grausame Heldin jeden ihrer Bewerber im Zweikampf besiegt und getötet. So reisen Gunter und Siegfried über das stürmische Meer nach Island und legen Brunhild beim Wettkampf mit einem Trick rein. (Dabei verzichten die Regisseure auf die bekannte Geschichte mit der Tarnkappe.)

Wutentbrannt reist Brunhild als Braut mit nach Worms. Nach der Doppelhochzeit gibt es neuen Ärger: Hagens Eifersucht ist ungebremst, und aus dem Osten nähert sich der mächtige Hunnenkönig Etzel (Vladimir Korneev). Aber was führt der geheimnisvolle Zwerg Alberich (Johanna Kolberg) im Schilde?

Der Erkenntnisgewinn bei dem Versuch, die Figur des Hagen von Tronje neu zu deuten, hat sich mir ehrlich gesagt nicht erschlossen. Der niederländische Schauspieler Gijs Naber (bekannt aus dem teilweise in Hamburg gedrehten Melodram „Die Geschichte meiner Frau“ von Ildikó Enyedi mit Lea Seydoux) geistert meist mit finsterer Miene durch den Film. Wie gut, dass sich die beiden Regisseure, die mit Doron Wisotzky auch das Drehbuch geschrieben haben, auf die Fantasy-Elemente des Stoffes konzentriert haben. Statische Szenen hinter den kargen Burgmauern wechseln sich ab mit spektakulären Kampfszenen meist im Halbdunkel – dabei überraschen die wohltuend unaufdringlich eingesetzten CGI-Effekte. Höhepunkt des Films sind natürlich die im echten Island gedrehten Episoden vor einem Feuer speienden Vulkan mitten zwischen eisbedeckten Hochebenen. Dass der Blick auf die Burg von Worms inmitten bewaldeter Hügel aus heutiger Sicht natürlich lächerlich wirkt, ist zu verzeihen. Doch wer von uns war schon mal in Worms? Immerhin wirkt der Odenwald nebenan ziemlich authentisch. Gedreht wurde übrigens außer in Island hauptsächlich in Tschechien.

Auf Kriemhilds Rache müssen wir in HAGEN – IM TAL DER NIBELUNGEN verzichten. Doch vielleicht sehen wir sie in der parallel gedrehten Serie, die 2025 auf RTL+ gezeigt werden soll. Übrigens: Jannis Niewöhner schlägt sich als einziger deutscher Kinostar in dieser europäischen Co-Produktion mit eher unbekannten Schauspielern an seiner Seite erfreulich wacker.

Erwartet nicht zu viel! Doch eingefleischte Fantasy-Fans werden nicht enttäuscht. Dabei muss man über den Hintergrund der Nibelungensage nicht viel wissen. Solides Kino!

Trailer

ab12

Originaltitel

Hagen – Im Tal der Nibelungen (Deutschland 2024)

Länge

135 Minuten

Genre

Action / Abenteuer / Fantasy

Regie

Cyrill Boss, Philipp Stennert

Drehbuch

Cyrill Boss, Philipp Stennert, Doron Wisotzky

Darsteller

Gijs Naber, Jannis Niewöhner, Dominic Marcus Singer, Lilja van der Zwaag, Rosalinde Mynster, Jördis Triebel, Jörg Hartmann, Bela Gabor Lenz, Alessandro Schuster, Johanna Kolberg, Emma Preisendanz, Maria Erwolter, Vladimir Korneev

Verleih

Constantin Film Verleih GmbH

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