Stolze 24 Jahre später kommt Ridley Scott mit einem Sequel um die Ecke, doch kann GLADIATOR II genauso überzeugen? Die Antwort ist ein klares Ja – und das selbst mit solch absurden Einfällen wie einem Hai-Alarm im Kolosseum…
Nach den Geschehnissen in „Gladiator“ haben sich die Dinge nicht so entwickelt, wie man es sich erhofft hatte. Statt einer Republik regieren die tyrannischen Zwillings-Kaiser Geta (Joseph Quinn) und Caracalla (Fred Hechinger) das Römische Reich mit eiskalter Härte. Ihre ständig größer werdende Geltungssucht versuchen sie mit immer mehr Eroberungen zu kompensieren – selbst wenn diese strategisch überhaupt keinen Sinn machen. Ihr erfolgreichster Feldherr Marcus Acacius (Pedro Pascal) hat selbst schon jeglichen Sinn für seine Aufgabe verloren und plant mit seiner Frau Lucilla (Connie Nielsen), der Tochter des einstigen Kaisers Marcus Aurelius, bereits heimlich einen Umsturz.
Bei einem der vielen Eroberungs-Angriffe in Nordafrika durch Acacius verliert der Bauer und Soldat Lucius (Paul Mescal) nicht nur seine Frau, er wird auch als Sklave nach Rom verschleppt, wo er fortan im Kolosseum um sein Leben kämpfen muss. Dort weckt er jedoch durch seine taktischen Kämpfe schnell die Aufmerksamkeit von Macrinus (Denzel Washington), der eine Gladiatorenschule betreibt und in den höchsten Kreisen verkehrt. Bei einem bevorstehenden mehrtägigen Event soll Lucius nun für ihn als potenzieller Champion antreten. Im Gegenzug verspricht ihm Macrinus, seinen Erzfeind Marcus Acacius auszuliefern. Doch wer kann in diesem undurchsichtigen Machtgefüge überhaupt wem vertrauen?
Bei den Oscars sahnte „Gladiator“ seinerzeit fünf Auszeichnungen ab, darunter die als bester Film, sowie Russell Crowe als bester Hauptdarsteller. Ob das GLADIATOR II auch wieder gelingen wird, sehen wir erst im kommenden Jahr. Nichtsdestotrotz ist Ridley Scott hier wieder etwas Besonderes gelungen. Zwar kommt der Film nicht ganz an seinen Vorgänger heran, trotzdem überrascht der 86-jährige mit einigen denkwürdigen Ideen. Dass Scott nie ein Freund davon war, die vergangene Geschichte möglichst akkurat zu erzählen, konnten wir gerade erst bei „Napoleon“ erleben, der bei etlichen Geschichtswissenschaftlern extrem viel Unbehagen ausgelöst hat. Auch hier nimmt es Scott nicht allzu genau, doch aufgrund der Schauwerte nehmen wir es als Zuschauer erstaunlicherweise hin, wenn ein Gladiator auf einmal auf einem Nashorn in die Arena einläuft oder gleich das ganze Kolosseum geflutet wird und die Kämpfer auf Galeeren antreten, die von Haien umzingelt sind. Da mag man sich vor lauter Kopfschütteln noch so sehr die Hand vor die Stirn schlagen – der optische Schauwert sprengt trotzdem alles.
Der erste Teil konnte mit einem sensationell aufspielenden Russell Crowe aufwarten, der sich den Hype um seine Person eingangs überhaupt nicht erklären konnte. Fieberte man einst noch bei seinem Rachefeldzug mit, spielt Paul Mescal in GLADIATOR II den eher wortkargen Kämpfer, der sich nach seinem hageren, aber sensationellen Auftritt in „Aftersun“ ordentlich Muskelmasse antrainiert hat. Durch den schnellen Tod seiner Frau gleich zu Beginn halten sich die Sympathiewerte hier aber eher in Grenzen. Auch Pedro Pascal kann zwar überzeugen, einem Russell Crowe kann er trotzdem nicht das Wasser reichen.
Doch dann kommt plötzlich Denzel Washington und spielt alle noch so exzentrisch agierenden Kollegen grandios an die Wand. Diese Spielfreude ist schier überragend – fast so, als ob Washington sein Leben lang auf diese eine Rolle gewartet hat. Dabei hat der Schauspieler bisher in all seinen Rollen immer das Beste gegeben. aber das hier, dieser Macrinus, ist eine eigene Welt für sich.
Mit GLADIATOR II zeigt Ridley Scott endlich wieder, was im hohen Alter noch alles in ihm steckt. Zwar gibt es auch hier ein paar Abzüge in der B-Note, wie einige doch sehr künstlich wirkende CGI-Aufnahmen, doch in der Summe kann der Film trotz oder gar wegen seiner absurden Ideen punkten.
Gladiator II (USA 2024)
148 Minuten
Action / Drama / Historie
Ridley Scott
David Scarpa
Peter Craig und David Scarpa, basierend auf den Figuren von David Franzoni
John Mathieson
Paul Mescal, Pedro Pascal, Joseph Quinn, Fred Hechinger, Lior Raz, Derek Jacobi, Connie Nielsen, Denzel Washington
Paramount Pictures Germany GmbH