2020 ist ein hartes Jahr, wenn es um Film Festivals geht. Die globale Pandemie macht auch vor den größten Festspielen nicht Halt. Cannes traf es als erstes, das renommierte Film Festival fiel komplett aus, obwohl man bis zuletzt gehofft hatte. Statt eines prunkvollen Festivals gab es nur eine Liste von 56 Filmen, die man im Normalfall dort gezeigt hätte – immerhin ein kleiner Trost für all die Filmemacher, deren Werke nun dem Coronavirus zum Opfer fallen. Auch mein geliebtes Edinburgh International Film Festival wurde abgesagt, allerdings gab es hier ein kleines Online-Festival, das aber leider nur innerhalb Großbritanniens abrufbar war.
Die 77. Internationale Filmfestspiele in Venedig profitieren von ihrem späten Veranstaltungsdatum im September. Erste Kinos waren bereits wieder geöffnet und so konnte die sogenannte Biennale unter erhöhten Sicherheits- und Hygienevorschriften tatsächlich stattfinden. Allerdings schloss man sich kurzerhand mit dem Toronto International Film Festival zusammen und präsentierte einen Großteil der Filme gleichzeitig.
Lange Zeit war unklar, wie das Filmfest Hamburg reagieren würde. Als drittgrößtes deutsches Publikums-Festival (nach der Berlinale und dem Filmfest München) werden hier traditionell die besten Filme der großen Festivals (Cannes, Venedig, Toronto, etc.) gezeigt. Doch was gibt es zu sehen, wenn die großen Festivals abgesagt oder im besten Fall verkleinert stattgefunden haben?
Die Antwort war ein hybrides Festival, eine Mischung aus echten Kinovorstellungen und Streaming auf einer eigens eingerichteten Plattform im Internet. All die Plätze, die in den Vorführungen aufgrund der Abstandsregeln nicht besetzt werden konnten, wanderten als Streaming-Tickets ins Internet. Eine durchaus geniale Idee, die dafür sorgt, dass das Biotop Film Festival gestärkt aus der Krise kommen kann und man das Gleichgewicht nicht zerstört.
Das Programm des diesjährigen Filmfests Hamburg war dann trotz der widrigen Umstände beeindruckend. Neben dem Regiedebüt „Cortex“ von Moritz Bleibtreu, waren insgesamt 76 Filme zu sehen, darunter solch wunderbare Meisterwerke wie „Nowhere Special“ von Uberto Pasolini, „Frühling in Paris“ von Suzanne Lindon oder „Nomadland“ von Chloé Zhao.
Wie immer vertreten beim Filmfest Hamburg war das frankokanadische Kino aus Quebec mit den Filmen „Kuessipan“ und „Antigone“, sowie beeindruckende Werke aus dem Iran, wie beispielsweise „Doch das Böse gibt es nicht“ von Mohammad Rasoulof und „Sohn-Mutter“, dessen Drehbuch ebenfalls von Rasoulof stammt.
Über 13.000 Zuschauer haben ihren Weg in die Kinosäle gefunden, das entspricht in etwa einem Drittel der Besucherzahlen des vergangenen Jahres. Bei einem Platzangebot von etwa 30% zeigt das das ungebrochene Interesse der Hamburger an „ihrem“ Film Festival. Das Online-Streaming-Angebot hingegen wurde leider nur zögerlich angenommen. Gerade mal 3.000 digitale Filmausleihen konnte das Festival verzeichnen. Gut, es waren nur 50 der 76 Filme online abrufbar, aber trotzdem hätte die Rate der Online-Sichtungen durchaus höher sein können.
Nichtsdestotrotz war das Filmfest Hamburg 2020 wieder einmal ein beeindruckendes Happening. Natürlich hoffen wir alle, dass im kommenden Jahr wieder ein wenig Normalität eintreten wird und wir vom 30. September bis zum 9. Oktober 2021 das Filmfest Hamburg in gewohntem Umfang genießen können.