Erwartung – Der Marco-Effekt

02.06.2022

Kommissar Carl Mørck vom Sonderdezernat Q der Mordkommission Kopenhagen kennt wohl jeder, der Krimis liest: Mit dieser Figur hat der dänische Starautor Jussi Adler-Olson einen unsterblichen Charakter erschaffen, der uns wohl alle begeistert. Viermal verkörperte Nikolaj Lie Kaas diesen undurchsichtigen, mürrischen Ermittler – in „Erbarmen“, „Schändung“, „Erlösung“ und „Verachtung“ – in grandioser Manier im Kino, dann hatte er keine Lust mehr, ebenso wie Fares Fares, der seinen Partner gespielt hat. Für die fünfte Verfilmung ERWARTUNG – DER MARCO EFFEKT von Martin Zandvliet übernimmt Ulrich Thomsen die Rolle des Carl Mørck – und man spürt die Last des Vorgängers, obwohl auch er einer der bekanntesten dänischen Schauspieler ist. An seiner Seite agiert jetzt Zaki Youssef als Assistent Assad.

Der 14-jährige Roma-Junge Marco wird beim Grenzübertritt nach Dänemark ohne Papiere erwischt, dafür befindet sich eine Seite des Reisepasses von William Stark in seinem Besitz, einem Familienvater, der vor Jahren spurlos verschwand, nachdem er eines schweren Verbrechens beschuldigt worden war. Eher unwillig greift Carl Mørck diesen „Cold Case“ auf, zumal er Zoff mit seinem Chef hat, der ihm nach seinem letztem Fall eine psychologische Behandlung nahelegt. Da Marco in der geschlossenen Abteilung des Jugendheims kein Wort sagt, müssen Carl und Assad andere Wege beschreiten. Bis zu seinem Verschwinden war William Stark in der afrikanischen Entwicklungshilfe tätig und hatte sich beim dänischen Außenministerium über das Verschwinden von Fördergeldern beschwert. Ein Motiv?

Dass die Korruption des dänischen Staatsapparats bis in die höchsten Stellen geht, ist für die Romane von Jussi Adler-Olson nichts Ungewöhnliches. Deshalb ist die Auflösung für Krimifans leider auch keine Überraschung. Eher zäh quält sich Regisseur Martin Zandvliet durch die vorhersehbare Story – die Behandlung der Roma in Dänemark ist dabei – gelinde gesagt – grenzwertig. Das muss nicht sein!

Ulrich Thomsen spielt „seinen“ Carl Mørck als schlecht gelaunten Kommissar, der ständig Anti-Nikotin-Bonbons kaut, um sich von seiner Tabaksucht zu befreien. Das ist für 125 Minuten etwas wenig! Fares Fares war in den ersten vier Filmen ein gleichwertiger Partner, Zaki Youssef ist es nicht mehr. Hier hat Martin Zandvliet viel verschenkt. Mit seinem Melodram „Unter dem Sand“ über junge Deutsche, die nach dem Kriegsende 1945 an der dänischen Nordseeküste Landminen entschärfen müssen, hatte der Regisseur einen großen Film vorgelegt. ERWARTUNG – DER MARCO-EFFEKT ist dagegen nur blasse Routine. Nur etwas für eingefleischte Adler-Olson-Fans.

Trailer

ab16

Originaltitel

Marco Effekten (Dänemark / Deutschland / Tschechische Republik 2021)

Länge

125 Minuten

Genre

Thriller

Regie

Martin Zandvliet

Drehbuch

Jussi Adler-Olsen, Anders Frithiof August, Thomas Porsager

Darsteller

Ulrich Thomsen, Zaki Youssef, Sofie Torp, Henrik Noèl Olesen

Verleih

Koch Films GmbH

Filmwebsite

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