Wie sehr ein einziger Tag ein ganzes Leben verändert kann, zeigt die französische Regisseurin Eva Husson in ihrem Film EIN FESTTAG. Das eindrucksvoll gefilmte Historiendrama mit Odessa Young und Josh O’Connor in den Hauptrollen lebt von seiner leichtfüßigen Inszenierung.
Wir schreiben das Jahr 1924 und befinden uns im englischen Landadel. Jane (Odessa Young), das Dienstmädchen der Nivens (Olivia Colman, Colin Firth) hat zur Feier des Muttertages frei bekommen. Freudig erregt radelt sie in der warmen Frühlingssonne hinüber zum Anwesen der Sheringhams, um dort ihren heimlichen Geliebten Paul (Josh O’Connor) zu treffen. Da dieser jedoch schon bald standesgemäß heiraten soll, wird dies nach unzähligen leidenschaftlichen Treffen und versteckten Botschaften ihre letzte Verabredung sein. Da auch die Sheringhams ihren Bediensteten freigegeben haben, darf Jane zum ersten Mal durch das Hauptportal des Herrenhauses spazieren, um umgehend in sein Bett zu sinken. Als Paul sich schließlich auf den Weg zu seiner Familie macht, streift Jane – noch völlig beseelt vom leidenschaftlichen Liebesakt – allein und nackt durch das weitläufige Anwesen. Doch sie ahnt nicht, wie sehr sich dieser Festtag auf ihr weiteres Leben auswirken wird.
Als Vorlage für ihre poetische Verfilmung nahm Husson den gleichnamigen Bestsellerroman des Autors Graham Swift. Aus den gerade einmal 143 Seiten erschafft die Regisseurin eine mehr als eindrucksvolle Geschichte, die auch mit ihren 105 Minuten Lauflänge niemals auch nur ansatzweise gestreckt anfühlt. Bereits 2016 zeigte Husson mit ihrem Regiedebüt „Bang Gang – Die Geschichte einer Jugend ohne Tabus“, dass sie es nahezu perfekt versteht, Jugend und Nacktheit auf eine äußerst natürliche Art und Weise auf die Leinwand zu bringen.
Die australische Schauspielerin Odessa Young spielt die Rolle der Jane mit einer solch unbeschwerten Leichtigkeit, dass es eine Freude ist, ihr dabei zuzuschauen. Aber auch Josh O’Connor legt mal wieder eine Glanzleistung hin, nachdem man ihn gerade erst in „Wer wir sind und wer wir waren“ bewundern durfte. Viele kennen ihn sicherlich auch als Prince Charles in der Serie „The Crown“.
Das Besondere an EIN FESTTAG ist jedoch, dass Husson es wie kaum einer anderen Regisseurin gelingt, das typisch britische Aristokraten-Drama um eine sinnliche Komponente zu erweitern. Vielleicht mag die Geschichte nicht allzu tiefgründig sein, doch die visuell elektrisierende Darstellung verleiht dem Film etwas Magisches, dem man sich als Zuschauer nur schwer entziehen kann.
Mothering Sunday (Großbritannien 2021)
105 Minuten
Drama / Historie
Eva Husson
Eva Husson
Odessa Young, Josh O'Connor, Glenda Jackson, Olivia Colman, Colin Firth
Tobis Film GmbH & Co. KG