Langsam aber sicher nähern wir uns dem Ende des Festivals. Immerhin entpuppten sich heute überraschenderweise drei der gesichteten Filme als echte Highlights. Neben dem eher belanglosen LITTLE MEN gab es THE CARER, THE LIBRARY SUICIDES und River zu sehen. Außerdem reiche ich noch meine Kurzkritik zu A REYKJAVÍC PORNO nach, der heute Premiere gefeiert hat.
Großbritannien Ungarn 2016, 89 Minuten
Regie: János Edelényi
Besetzung: Brian Cox, Coco König, Emilia Fox, Anna Chancellor
Zurückgezogen lebt der ehemalige Shakespeare-Darsteller in seinem Landhaus. Er leidet an Parkinson, was ihn zugleich frustriert und unfassbar grantig hat werden lassen. Seine Familie besteht darauf, dass er eine Pflegerin bekommt und so gelangt er an die junge Dorottya aus Ungarn, die selbst eine Schauspielkarriere anstrebt.
Eigentlich ist diese Geschichte bereits hundert Mal erzählt worden: Alter, grantiger Mann trifft auf junge Pflegerin, die ihm ein Stück seiner Lebensfreude zurückgibt. Aber selzten bis überhaupt nicht wurde diese Geschichte so intensiv, so theatralisch erzählt – und das meine ich durchweg positiv. Schauspiellegende Brian Cox (man schaue sich nur einmal die Liste seiner Filme bei IMDb an) lebt hier förmlich seine Theaterleidenschaft aus. Höhepunkt ist die Rede am Ende des Films, die Brian Cox angeblich selbst für den Film schrieb. (4.5/5)
Großbritannien 2015, 87 Minuten
Regie: Euros Lyn
Besetzung: Catrin Stewart, Ryland Teifi, Dyfan Dwyfor, Sharon Morgan
Als ihre Mutter, eine bekannte Autorin, Selbstmord begeht, begeben sich die beiden Zwillingsschwestern Nan und Ana auf einen Rachefeldzug, schließlich deuten ihre letzten Worte an, dass ihr Biograph auch ihr Mörder ist.
Mit diesem auf walisisch gedrehten Thriller legt Regisseur Euros Lyn einen stylischen Film vor, der im Innern der Nationalbibliothek von Wales spielt. Catrin Stewart (bekannt durch ihre Rolle als Jenny in Doctor Who), spielt beide Zwillingsschwestern äußerst überzeugend iund wenn der Film am Ende mit einem Twist aufwartet, dann rundet das den Film ziemlich gut ab. (3.5/5)
USA 2015, 85 Minuten
Regie: Ira Sachs
Besetzung: Jennifer Ehle, Paulina Garcia, Michael Barbieri, Theo Taplitz, Talia Balsam, Maliq Johnson, Anthony Angelo Flamminio, Madison Wright, Mauricio Bustamante, John Proccacino, Alfred Molina
Als sich zwei 13-jährige Jungen kennenlernen, wird ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt, weil sich ihre Eltern wegen der Miete für einen Laden streiten.
Regisseur Ira Sachs beobachtet gerne und macht das eigentlich auch immer ziemlich eindrucksvoll. Dieses Mal hat er sich das Thema Gentrifikation ausgesucht und zeigt es an zwei Familien, dessen Söhne beste Freunde sind. Die Mutter des einen ist Mieterin eines kleinen Ladens im Haus, dass die andere Familie gerade von ihrem verstorbenen Vater geerbt hat. Als sie feststellen, dass die Miete niemals erhöht wurde und weit unter dem marktüblichen Wert liegt, kommt es zum Streit. Es ist völlig klar, was Ira Sachs hier kritisieren will. Allerdings gelangt es dem Film nicht, dies auch glaubhaft zu vermitteln. In einem solchen Fall reicht das bloße Beobachten nämlich schlichtweg nicht aus. Und so endet der Film so unbefriedigend, wie er sich die ganzen anderthalb Stunden über anfühlt. Thema verfehlt. Wenigstens sieht New York wie immer gut aus. (2.0/5)
Kanada 2015, 88 Minuten
Regie: Jamie M. Dagg
Besetzung: Rossif Sutherland, Sara Botsford, Douangmany Soliphanh, Vithaya Pansringarm, Ted Atherton
Als ein junger freiwilliger Arzt in Laos fälschlicherweise des Mordes verdächtigt wird, bricht er zu einer wilden Flucht durch die Dörfer und Nebenflüsse des mächtigen Mekong auf.
Zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort, so einfach könnte man die Ausgangshandlung beschreiben. Für den Zuschauer ist ohne Umschweife klar, dass den jungen Arzt hier keinerlei Schuld trifft. Aber möchte man in einem Land wie Laos sein Schicksal den korrupten Behörden überlassen? Vermutlich nicht. Regisseur Jamie M. Dagg legt mit RIVER einen intensiven und spanndenden Film vor, der gerade in Bezug auf die Moral ein paar eindrucksvolle Statements setzt. Rossif Sutherland als Doktor auf der Flucht liefert dazu passend eine atemberaubende Performance in einer unfassbar eindrucksvollen Landschaft hin. (3.5/5)
Großbritannien/Island 2016, 81 Minuten
Regie: Graeme Maley
Besetzung: Alfa Edenstein, Albert Halldórsson
Ingvar ist von einem Jugendlichen besessen, der „Erwachsenen-Pornos“ hochgeladen hat, nachdem er die Webcam seiner Mutter gehackt hat. Das führt ihn auf einen Pfad voller Gewalt und Gefahren, während zwei unterschiedliche Frauen um seine Aufmerksamkeit kämpfen – seine an Platzangst leidende Vermieterin und seine Freundin.
Der schottische Regisseur Graeme Maley, dessen zweiter Film PALE STAR ebenfalls hier in Edinburgh läuft, legt hier ein düsteres Bild von Island vor. Die Geschichte spielt über drei Tage – drei Tage voller absoluter Finsternis. Genau wie PALE STAR wirkt A REYKJAVÍC PORNO äußerst zusammenhangslos. Das mag auch hier bestimmt künstlerisch wertvoll sein, aber auch dieser Film konnte mich nicht erreichen. (2.0/5)