Heute gab es tatsächlich nur drei Filme. Nicht dass ich nicht mehr geschafft hätte, aber je mehr sich das Festival dem Ende nähert, desto weniger Filme gibt es, die ich noch nicht gesehen habe – oder überhaupt sehen möchte. Also hat sich meine heutige Auswahl auf eben diese drei Filme reduziert.
Großbritannien 2015, 90 Minuten, Regie: Colin Kennedy, mit Elena Anaya, Owen McDonnell, Elizabeth McGovern
Als das Liebesleben eines jungen Paares aus Glasgow einzuschlafen droht, greifen die beiden zu drastischen Mitteln und schließen sich der örtlichen Swingerszene an. Völlig unbeholfen navigieren sich Alice und David durch ihre neue Welt, bestehend aus Sex mit Fremden und Orgien in Hotels. Letztendlich müssen aber auch sie feststellen, dass sich ihre Probleme so einfach dann doch nicht lösen lassen.
Basieren auf dem Roman von Ewan Morrison wirft der Regisseur Colin Kennedy einen Blick in die Glasgower Swingerszene. Trotz des heiklen Themas kommt dabei am Ende aber nur ein kleiner Film heraus, der schnell wieder aus dem Gedächtnis verschwindet. Dazu fehlen dem Film einfach die wirklichen Höhepunkt – und das ist durchaus im doppeldeutigen Sinn gemeint.
Großbritannien 2015, 87 Minuten, Regie: Jake Garvin, mit Peter Mullan, Keith Allan, Natalie Gavin, Sarah Solemani, Ewan Stewart, Laurie Ventry, Stephen Tomkinson, Gina McKee
Der obdachlose Renter Hector McAdam ist ein Mann mit einer tragischen Vergangenheit. Seit vielen Jahren wandert er zwischen Raststätten umher, schläft unter Brücken und lebt vom Hand in den Mund. Als er jedoch von seinem früheren Leben eingeholt wird, wird langsam der Grund für seine selbst gewählte Obdachlosigkeit klar.
Ich muss zugeben, dass ich mich auf diesen Film bereits die ganze Woche gefreut habe. Die Stimmen der Weltpremiere vor einer Woche waren mehr als überragend. Leider passte der Film erst jetzt in meinen Filmplan, doch das Warten hat sich gelohnt. Peter Mullan legt hier eine eindrucksvolle Performance vor und zeigt und eine sympathische und erleuchtende Studie über die menschliche Zerbrechlichkeit. Der Regisseur Jake Garvin beobachtet mit HECTOR die Welt derjenigen Menschen, die sonst vor den Augen der normalen Bevölkerung verschwinden und zeigt, dass mitunter weit mehr hinter einem solchen Schicksal steckt, als man vermuten mag. HECTOR ist schlichtweg ein wunderbarer Film, der hoffentlich seinen Weg in die deutschen Kinos finden wird. (4,5/5)
USA / Deutschland / Norwegen 2015, Regie: Alex Holdridge, Linnea Saasen, mit Alex Holdridge, Linnea Saasen, Rupter Friend, Jennifer Ulrich
Der amerikanische Regisseur Anderson (Alex Holdridge) trifft in Berlin nach einem Meeting auf seine alte Flamme Lina (Linnea Saasen), eine Tänzerin aus Norwegen, die ihn einst überstürzt im Urlaub in Montenegro hat sitzen lassen. Gespannt lassen sich die beiden wieder aufeinander ein, während sich ihrer beider Leben rundherum gerade in Luft auflösen.
Wenn Regisseure ihren eigenen Stoff verfilmen und gleichzeitig auch noch die Hauptrollen übernehmen, kommt dabei in den seltensten Fällen etwas wirklich Gutes heraus. Das ist leider hier nicht anders. Zu lange ist völlig unklar, wohin die Reise überhaupt hingehen soll. Immer wieder wirkt der Film so, als ob ein leicht depressiver Regisseur versucht, sein eigenes Scheitern auf die Leinwand zu bringen und nur auf die Mitleidsbekundungen des Publikums wartet. Das ist schade, denn die Nebendarsteller, allen voran die deutsche Schauspielerin Jennifer Ulrich, liefern hier eine wunderbare Performance ab. Am Ende bleibt ein Film zurück, der zwar nicht schmerzt und über den man sich nicht ärgert, der große Wurf ist hier aber leider nicht gelungen.