Am vierten Tag des Edinburgh International Film Festival überschlagen sich rein organisatorisch ein wenig die Dinge. Auf einmal sollen alle bislang geplanten Interviews am Samstag stattfinden. Das bedeutet in der Folge, dass die Sichtungspläne über den Haufen geworfen werden müssen und Filme ausfallen müssen – schließlich müssen die Interviews ja auch vorbereitet werden. So treffe ich morgen nun also auf den Regisseur Lorenzo Sportiello, sowie die Schauspieler Simon Scott Merrells und Ana Ularu und befrage sie zu ihrem Film INDEX ZERO. Kurz darauf führe ich dann ein Gespräch mit Sharin Chandrasoma, dem Drehbuchautoren des Sci-Fi-Knallers UNCANNY und irgendwann zwischendurch spreche ich noch mit Ingo Haeb über seinen Film DAS ZIMMERMÄDCHEN LYNN. Das dürfte alles ziemlich spannend werden. Daher habe ich mein heutiges Pensum auch wieder auf vier Filme herunter geschraubt.
Großbritannien 2015, 93 Minuten, Regie: Robert Carlisle, mit Robert Carlisle, Emma Thompson, Ray Winstone, Tom Courtenay, Ashley Jensen, Martin Compston
Barney Thompson (Robert Carlisle) ist Frisör in Glasgow und eigentlich eher von der zurückhaltenden Art. Als er irrtümlich und völlig unabsichtlich seinen Chef tötet, wendet er sich panisch an seine Mutter (eine unfassbare Performance von Emma Thompson). Mit dieser wunderbar schwarzen Komödie wurde vor zwei Tagen das Film Festival hier eröffnet und das Team hätte dazu kaum einen besseren Film auswählen können. Robert Carlisle legt hiermit sein Regiedebut vor und am Ende fragt man sich, warum er das nicht schon viel früher getan hat. Der Film sprüht nur so vor irrwitziger Einfälle: „I label everything“, so Emma Thompson, nachdem sie den Leichnam zerstückelt und eingetuppert hat. Robert Carlisle überzeugt zudem als scheuer und zurückhaltender Frisör, der gewaltig unter der Fuchtel seiner Mutter steht. Bleibt zu hoffen, dass dieser Film seinen Weg in unsere Kinos findet. Verdient hätte er es in jedem Fall mehr, als so mach anderer der deutschen Kinostarts. (4,5/5)
Großbritannien / Deutschland 2015, 110 Minuten, Regie: Scott Graham, mit Ruth Negga, Douglas Henshall, Tom Brooke, Michelle Duncan, Ben Gallagher, Sorcha Groundsell
Nach einem fürchterlichen Verbrechen suchen Iona (Ruth Negga) und ihr fünfzehnjähriger Sohn Bull (Ben Gallagher) Zuflucht in der christlichen Gemeinde auf der Insel, auf der sie aufgewachsen ist. Durch ihre Rückkehr sieht sich ihr Sohn der behutsamen Umgebung ausgesetzt, die sie als Teenager verlassen hatte. Doch mehr und mehr brechen alte Resentiments und Feindschaften aus, während sich langsam die gesamte Geschichte entfaltet.
IONA ist der Abschlussfilm des Film Festivals und eine Bewertung darf aufgrund eines Embargos erst nach der Weltpremiere am 28. Juni erfolgen.
Großbritannien 2015, 97 Minuten, Regie: Steven Nesbit, mit Greta Scacchi, Bernard Hill, Charlotte Hope, Freema Ageyeman, Steven Berkoff, Brad Moore
Das Glück dieser beiden Liebenden steht unter einem schlechten Stern – schließlich gehören beide jeweils einer anderen verfeindeten Gang an. So sind beide gefangen in einer tief gehenden Rivalität, die durch ständige Paranoia angeheizt wird. Während die Anführer der Gangs Vic Clarke (Steven Berkoff) und John Claridge (Bernard Hill) gegenseitig anpirschen, müssen die beiden Liebenden (Elliott Tittensor und Charlotte Hope) ihre Beziehung verstecken, um nicht einen Krieg anzuzetteln.
Aufgrund eines Embargos darf auch hier eine Kritik nicht vor der Weltpremiere am 21. Juni erfolgen.
USA 2014, 87 Minuten, Regie: Shira Piven, mit Kristen Wiig, Wes Bentley, Linda Cardellini, Joan Cusack, James Marsden, Lorettsa Devine, Jennifer Jason Leigh, Thomas Mann, Tim Robbins, Alan Tudyk
Alice Klieg (Kristen Wiig) leidet an der Borderline Störung. Als sie groß im Lotto gewinnt, beschließt die Frau, die nahezu jede Oprah-Show auswendig mitsprechen kann, ihre eigene Daytime-Talkshow zu starten. Dass die Figur dabei niemals der Lächerlichkeit preis gegeben wird, ist ein eindeutiger Verdienst von Kristen Wiig, die ihre Rolle mit einer saftigen Prise trockenen Humors abliefert. Auch der Rest des eindrucksvollen Casts weiss zu überzeugen. Allerdings ist der Humor stellenweise auch sehr speziell, so dass der Film nicht Jedermanns Sache sein dürfte. (3/5)