Edie

23.05.2019

Nach dem Tod ihres kontrollsüchtigen Ehemanns, den sie bis zum Schluss aufopferungsvoll gepflegt hat, möchte ihre Tochter (Wendy Morgan) die 84-jährige Edie (Sheila Hancock) am liebsten ins Altersheim abschieben. Doch die denkt gar nicht daran, es ruhiger angehen zu lassen. Vielmehr entscheidet sie sich, einen lange gehegten Traum zu erfüllen und den Suilven, einen ikonischen Berg in den schottischen Highlands zu ersteigen. Sie engagiert Jonny (Kevin Guthrie), um ihr die richtige Ausrüstung zu besorgen und sie auf die anstrengende Besteigung vorzubereiten. Während sie sich gegenseitig immer besser kennenlernen, offenbaren sie sich immer mehr Details ihrer beider Leben. 

Kritik

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Als die britische Schauspiel-Legende Sheila Hancock das Drehbuch zu EDIE las, war ihr nicht wirklich klar, dass sie diesen Berg auch tatsächlich selbst besteigen muss – schließlich erledigt man so etwas doch heutzutage immer häufiger vor Greenscreens. Das war jedoch für den Regisseur Simon Hunter keine Alternative und vielleicht ist das genau das Geheimnis, was diesen Film so einzigartig macht. 

Aber auch nachdem sich dieser Irrtum aufgeklärt hatte, dachte Sheila Hancock nicht einmal ansatzweise an einen Rückzug. Wenn es schon mal ein Rollenangebot gab, in dem die 84-jährige weder sterben noch senil werden muss, dann konnte man das einfach nicht ausschlagen. Während des Drehs kam es zwar immer mal wieder zu kurzen Momenten, an denen sie gerne aufgegeben hätte, doch zu sehen, wie das ganze Team mit all der Ausrüstung ebenso mutig den Suilven erklomm, war Motivation genug. 

EDIE feierte seie Premiere im Juni 2017 beim Edinburgh International Film Festival und wurde dort begeistert gefeiert. Zwei ausverkaufte Vorführungen und eine weitere – natürlich ebenfalls umgehend ausverkaufte – im Rahmen der Best-of-the-Fest-Reihe am letzten Festivaltag sprechen Bände. Mich hat der Film von der ersten bis zur letzten Minuten mitgenommen und nicht wieder losgelassen – so sehr, dass ich ihn mir als einzigen Film des Festivals zwei Mal angeschaut habe. 

Simon Hunter macht mit seinem Film einfach alles richtig. Zusammen mit seinem DOP (Director of Photography) August Jakobsson Íks fängt er die raue und pure Schönheit der schottischen Highlands in eindrucksvollen Bildern ein. Die Geschichte, die Simon Hunter gemeinsam mit Edward Lynden-Bell geschrieben und die Elizabeth O’Halloran in ein Drehbuch verwandelt hat, ist wunderschön und geht direkt ins Herz. Die Figuren sind auf den Punkt genau ausgearbeitet und sämtliche Darsteller füllen ihre Rollen mit soviel Lebensfreude aus, dass man den Kinosaal am Ende mit einem wohligen Gefühl verlässt. 

Gerade in Zeiten, in denen die Trennung zwischen Alt und Jung immer größer zu werden scheint – man schaue sich nur einmal das Abstimmungsergebnis zum Brexit in Großbritannien an – ist es schön, wenn ein Film eine Freundschaft zwischen zwei auf den ersten Blick so unterschiedlichen Menschen zeigt, die sich letzten Endes gegenseitig Kraft und Lebensmut geben. Das das Ganze dabei dann nicht aufgesetzt oder gar künstlich wirkt, ist ein großer Verdienst des Films. 

EDIE mag zwar in Schottland spielen, das Thema ist jedoch universell und funktioniert in jedem Kulturkreis. Zu diesem Zeitpunkt können wir jedoch nur hoffen, dass ein deutscher Verleih die Schönheit dieses Films erkennt und ihn in unsere Kinos bringt. Und wenn Sheila Hancock mit 84 Jahren einen Berg erklimmen kann, dann sollte das doch erst recht möglich sein. 

Interview

Während des Festivals im Juni 2017 durfte ich Sheila Hancock und Kevin Guthrie zum Interview treffen und mit ihnen über EDIE sprechen:

Beim Internationalen Filmfest Emden-Norderney hatte ich im Juni 2018 zudem die Chance, mit dem Regisseur Simon Hunter über die Reise seines Films in den vergangenen 12 Monaten zu sprechen:

Trailer (deutsch)

Trailer (Original)

Im Rahmen der Berichterstattung
ab0

Originaltitel

Edie (Großbritannien 2017)

Länge

102 Minuten

Genre

Drama

Regie

Simon Hunter

Drehbuch

Simon Hunter, Edward Lynden-Bell, Elizabeth O’Halloran

Darsteller

Sheila Hancock, Kevin Guthrie, Paul Brannigan, Amy Manson, Wendy Morgan

Filmwebsite

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