Mit einer Mischung aus alten, körnigen Kodachrome-8mm-Filmen aus den 1960er und 1970er Jahren und Interviews mit den Einwohnern bietet die Dokumentation DÚTHCHAS einen wunderschönen Einblick in das Leben auf der kleinen Insel Berneray in den Äußeren Hebriden im Norden Schottlands von damals und heute.
Für die Menschen auf Berneray in den Äußeren Hebriden hat sich das Leben im letzten Teil des vergangenen Jahrhunderts drastisch verändert. Alte Traditionen verschwanden, und viele Familien sahen sich gezwungen, wegzuziehen. Als die beiden Filmemacher Kirsty MacDonald und Andy Mackinnon die Menge der 8mm-Filme sahen, die ehemalige und heutige Einwohner zusammengetragen haben, war ihnen schnell klar, dass man daraus eine Dokumentation machen muss. DÚTHCHAS bildet eine Brücke zwischen den gegenwärtigen Bewohnern und ihrer gar nicht allzu lange zurückliegenden Vergangenheit. Das Ergebnis ist ein Film voller Emotionen über die Bedeutsamkeit eines Ortes und der Widerstandsfähigkeit einer Kultur durch Sprache, Musik und Erinnerungen.
Als großer Verehrer des schottischen Volks und der eindrucksvollen Landschaft und Kultur war für mich von vornherein klar, dass ich diese Dokumentation bei meinem Besuch des Edinburgh International Film Festivals keinesfalls verpassen möchte. Ich musste allerdings bis zum vorletzten Tag des Festivals warten, bis DÙTHCHAS endlich auf dem Programm stand. Ein bisschen wuchs dabei in mir aber auch die Angst, keinen Zugang zu dem Thema zu finden, schließlich hatte ich schon andere Dokumentationen über ähnliche Themen gesehen, wie mich seltsam ausgegrenzt zurückgelassen hatten.
Zum Glück war in diesem Fall alles anders. Kirsty MacDonald und Andy Mackinnon ist es gelungen, diese alten, körnigen Aufnahmen so wundervoll mit Gesprächen der Zeitzeugen zu verbinden, dass es eine wahre Freude ist, ihren Worten zu folgen. Besonders wenn es um das leise Verschwinden der gälischen Sprache geht, trifft der Film immer den richtigen Ton. Ganz besonders beeindruckt hat mich hierbei eine junge Frau, die im Film in fließendem Gälisch von ihrer Heimat erzählt. Das sorgte bei mir für ein wohliges Gefühl dafür, dass noch nicht alle Hoffnung verloren ist.
Auch wenn die gälische Sprache für mich nach wie vor ein einziges Mysterium ist, fasziniert sie mich nach wie vor. Neben ein paar wenigen Worten ist mir lediglich bewusst, dass die Wörter zumeist nie so ausgesprochen werden, wie sie geschrieben werden. Es gibt sogar Buchstaben, die komplett unterschiedlich ausgesprochen werden, je nachdem welcher Buchstabe ihnen vorangestellt ist.
Auch wenn die beiden Filmemacher als internationalen Titel HOME gewählt haben, stellt das keine direkte Übersetzung dar. Für das gälische Wort DÙTHCHAS gibt es eigentlich keine direkte Entsprechung, wie mir Kirsty MacDonald im Interview verraten hat, dass ich mir ihr im Rahmen des Edinburgh International Film Festival führen durfte.
Dass die Interviews und die alten Aufnahmen eine solche wunderbare Einheit eingehen, ist aber auch dem Soundtrack von Donald Shaw zu verdanken, der traditionelle gälische Songs und deren unwiderstehliche Melodien zu einer mehr als höhrenswerten Filmmusik verbunden hat.
Parallel zur Weltpremiere beim Edinburgh International Film Festival wurde der Film auch auf Berneray selbst gezeigt sowie in diversen weiteren Orten in den schottischen Highlands und den Äußeren Hebriden. Zudem wird der Film mit der Screen Machine, einem mobilen Kino, auf Tour gehen. Wer auch immer die Gelegenheit bekommt, dieses kleine Meisterwerk zu sehen, dem sei DÙTHCHAS wärmstens ans Herz gelegt.
Im Rahmen des Edinburgh International Film Festivals stand mir die Regisseurin Kirsty MacDonald Rede und Antwort. Wir sprachen u.a. über die Entstehung des Films, über die Landschaft der Äußeren Hebriden, sowie über die gälische Sprache und deren leises Verschwinden.
Dúthchas – Home (Großbritannien 2022)
88 Minuten
Dokumentation
Andy Mackinnon, Kirsty MacDonald
Andy Mackinnon, Kirsty MacDonald