Die Barbaren

Willkommen in der Bretagne

26.06.2025

Gibt es eigentlich so etwas wie gute Flüchtlinge und schlechte Flüchtlinge? Dieser Frage geht July Delpy in ihrer Dramödie DIE BARBAREN – WILLKOMMEN IN DER BRETAGNE auf den Grund…

Die Menschen des kleinen Örtchens Paimpont in der französischen Bretagne könnten unterschiedlicher nicht sein. Dennoch eint sie der Stolz auf ihren Zusammenhalt sowie ihre Nächstenliebe. Gerade wird wieder einmal ein TV-Bericht über das Dorf gedreht, in der der medienliebende Bürgermeister (Jean-Charles Clichet) stolz den Kameras erzählt, dass alsbald eine ukrainische Flüchtlingsfamilie nach Paimpont kommen werde. Das ganze Dorf hatte sich dafür ausgesprochen – initiiert von der Lehrerin Joëlle Lesourd (Julie Delpy) – und selbst den nationalistisch geprägten Hervé (Laurent Lafitte) davon überzeugt.

Dann stellt sich jedoch heraus, dass es keine Flüchtlinge aus der Ukraine mehr gibt. Zu groß war die allgemeine Hilfsbereitschaft. Also zieht stattdessen eine Familie aus Syrien in das extra hergerichtete Haus ein. Die Bewohner nehmen die neuen Gäste mit Argwohn auf, schließlich hatte man sich doch schon so sehr auf die Ukrainer gefreut. Dass die syrische Familie selbst bereits ein schweres Päckchen zu tragen hat, nimmt somit erst einmal niemand wahr…

Schon wieder eine Culture-Clash-Komödie zum Thema Flüchtlingsproblematik? Das war mein erster Gedanke, als ich den Kurzinhalt des Films las. Doch der Name Julie Delpy in Personalunion als Drehbuchautorin, Regisseurin und Darstellerin ließ mich zum Glück aufhorchen, schließlich lassen sich ihre bisherigen Regiearbeiten nicht unbedingt mit altbackenen Klischees unter einen Hut bringen.

Und so gelingt es Delpy mit DIE BARBAREN – WILLKOMMEN IN DER BRETAGNE, ein wenig frischen Wind in das Genre zu bringen. Ihre Figuren haben für eine Komödie erstaunlich viel Tiefgang und sind keine bloßen Abziehbilder. So hat die Supermarktbesitzerin (Sandrine Kiberlain) ein Alkoholproblem, und der elsässische Klempner ist bretonischer als die Einheimischen. Aber alle eint die Vorfreude auf die ukrainischen Flüchtlinge – bis daraus Syrer werden.

Plötzlich bröckelt die Fassade, und erste Ressentiments kommen zum Vorschein. Delpy zeigt uns das aber nicht mit dem großen Holzhammer, sondern äußerst subtil. Ohne die Frage selbst wirklich zu stellen, versucht sie herauszufinden, ob es tatsächlich so etwas gibt, wie gute und schlechte Flüchtlinge. Dabei lässt sie aber auch nicht die Fragen und Probleme der syrischen Familie außer Acht, die mit Kriegstraumata zu kämpfen hat und sich selbst auch erst einmal in der Fremde zurecht finden muss. Dass DIE BARBAREN – WILLKOMMEN IN DER BRETAGNE auch hier nicht in die typischen Klischees abdriftet, macht den Film so besonders.

Unter all den Culture-Clash-Komödien ist DIE BARBAREN – WILLKOMMEN IN DER BRETAGNE so etwas wie der Silberstreif am Horizont. Menschlich, ehrlich, respektvoll und trotzdem mit einer gehörigen Portion Humor. So sieht ein guter Film aus.

Trailer

ab12

Originaltitel

Les Barbares (Frankreich 2024)

Länge

104 Minuten

Genre

Komödie / Drama

Regie

Julie Delpy

Drehbuch

Julie Delpy, Matthieu Rumani, Nicolas Slomka, Léa Doménach

Kamera / Director of Photography (DOP)

Georges Lechaptois

Darsteller

Julie Delpy, Sandrine Kiberlain, Laurent Lafitte, Ziad Bakri, Jean-Charles Clichet, India Hair, Dalia Naous, Mathieu Demy, Marc Fraize, Rita Hayek, Fares Helou, Emilie Gavois-Kahn, Albert Delpy, Brigitte Roüan

Verleih

Weltkino Filmverleih GmbH

Filmwebsite

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