Eigentlich hatte er sich bereits (mehrfach) in den Ruhestand verabschiedet, doch jetzt kehrt der japanische Meister-Regisseur Hayo Myasaki mit DER JUNGE UND DER REIHER auf die große Leinwand zurück.
Nachdem seine Mutter bei einem Luftangriff im zweiten Weltkrieg umgekommen ist, muss der elfjährige Mahito Tokio verlassen. Er zieht zu seinem Vater und dessen neuer Frau in ein altes Herrenhaus, das sich auf einem riesigen Landgut befindet. Isoliert von der Welt, beginnt Mahito, die verzauberten Landschaften, die sein neues Zuhause umgeben, zu erforschen und begegnet einem mysteriösen Graureiher, der hartnäckig an seiner Seite bleibt. Nach und nach wird der Reiher zu seinem Führer und hilft ihm, die Welt um ihn herum besser zu verstehen und die Geheimnisse des Lebens zu lüften.
Comebacks hat es in der Geschichte bereits viele gegeben, man denke nur an den Schlagerbarden Howard Carpendale. Ähnlich wie er sagt jetzt auch Hayo Myasaki (erneut) „Hello Again“. Was ihn dazu bewogen hat, wissen wir nicht, aber wenn dabei ein solch wunderbarer Film entsteht, erübrigt sich die Frage sehr schnell.
Als er in seinen Vierzigern war, konnte Myasaki problemlos einen Film pro Jahr fertigstellen. „Aber jetzt bin ich 75, und selbst drei Jahre scheinen kaum genug für einen Film, ich bin geneigt zu sagen: ‚Lass mich daran arbeiten, bis ich 80 bin’“, so Myasaki 2016. Inzwischen ist der gute Mann 82 und sieben Jahre hat die Arbeit an DER JUNGE UND DER REIHER gedauert. Vielleicht wollte er lediglich in Ruhe seinen neuen Film fertigstellen, ohne dass ihn ständig jemand fragt, wie lange es denn noch dauern würde. Und vielleicht macht gerade dies die besondere Qualität des Films aus.
DER JUNGE UND DER REIHER ist ein Fantasy-Film mit halb-autobiographischen Zügen. Der japanische Titel „Kimitachi wa Do Ikiru ka“ bedeutet wörtlich übersetzt „Wie lebst Du?“ und ist dem gleichnamigen Roman von Genzaburo Yoshino entliehen, der Filmemacher Hayao Miyazaki in seiner Jugend von seiner Mutter geschenkt worden war. Darüber hinaus werden bestimmte Ereignisse aus Miyazakis Kindheit erstmals überhaupt dramatisiert.
Ich war leider nie ein großer Fan von Animes und konnte mich mit diesem Zeichentrickstil nie wirklich anfreunden. Erst in diesem Jahr hat sich für mich mit „Suzume“ im wahrsten Sinne des Wortes eine Tür geöffnet. Zwar hat mir der auf der Berlinale gezeigte Film von Makoto Shinkai noch etwas besser gefallen, als DER JUNGE UND DER REIHER, aber ich bin selbst überrascht von der hohen Qualität.
Alle, die Myasakis bisherige Filme mochten, wie beispielsweise „Mein Nachbar Totoro“, „Prinzessin Mononoke“, „Chihiros Reise ins Zauberland“ oder „Das wandelnde Schloss“, werden DER JUNGE UND DER REIHER sicherlich genauso lieben. Allen anderen sei gesagt, dass es sich durchaus lohnt, einmal über den eigenen Tellerrand zu blicken…
Kimitachi wa Do Ikiru ka / The Boy and the Heron (Japan 2023)
124 Minuten
Animation / Drama / Abenteuer
Hayo Miazaki
Hayo Miazaki
Wild Bunch Germany GmbH