Eine märchenhaft-magische Handlung rund um die Faszination der Literatur: Das klingt wie ein Fest für alle Fans von Michael Ende und seines Weltromans „Die unendliche Geschichte“. Der in Vietnam geborene deutsche Regisseur Ngo The Chau hat jetzt mit DER BUCHSPAZIERER den gleichnamigen Beststeller von Carsten Henn opulent verfilmt – mit Christoph Maria Herbst in der Hauptrolle.
Der bislang als Kameramann bekannt gewordene Ngo The Chau (mehrere „Tatorte“, die Serie „Bad Banks“, diverse Märchenfilme, „Berlin Falling„) hat hier sein Regiedebüt vorgelegt und dabei selbst hinter der Kamera gestanden. Mit dieser zaubert er sein Publikum in eine idyllische, mittelalterlich geprägte Kleinstadt irgendwo im heutigen Deutschland: eine Stadt mit engen Gassen, kleinen Bächen zwischen den Fachwerkhäusern und viel Kopfsteinpflaster. Nur schade, dass dieser visuelle Reichtum so gar nicht zur reichlich dünnen Story passt…
Tag für Tag sitzt der nicht mehr ganz junge Carl Kollhoff (grandios: Christoph Maria Herbst) im Hinterzimmer eines Buchladens und schlägt sorgfältig Bücher in Papier ein, um diese in seinem großen Rucksack zu den Stammkunden in der Stadt zu bringen. Für den einsamen, wortkargen Mann ist dies der einzige Kontakt zu seinen Mitbürgern. Bei einem dieser täglichen Rundgänge wird Carl von der neunjährigen Schascha (Yuna Bennett), die mit ihrem alleinerziehenden Vater (Ronald Zehrfeld) zusammenlebt, beobachtet. Kurzerhand hängt sich das aufgeweckte Mädchen an seine Fersen.
Zunächst widerwillig lässt sich Carl auf die Kleine – doch allmählich entwickelt sich zwischen den beiden eine Art Freundschaft. So lernt Schascha auch die skurrilen Stammkunden Mister Darcy (Edin Hasanovic), Frau Langstrumpf (Maren Kroymann), Effi Briest (Hanna Hilsdorf) und Herkules (Tristan Seith) kennen. (Natürlich tragen alle diese Personen literarische Namen!) Bei einem dieser Spaziergänge ist Schascha sogar schlauer als Carl, denn sie entdeckt das Geheimnis von Herkules: Er kann nicht lesen.
Leider will die Buchhändlerin ihren Laden umstrukturieren und aus ihm einen E-Book-Shop machen. Kurzerhand entlässt sie Carl. Da ist guter Rat teuer! Wie können Schascha und Carl das literarische Leben der Stadt retten und den Einwohnern die Liebe zum Buch zurückgeben?
Die zugegeben sehr kindgerechte Geschichte verlangt uns aufgrund seiner naiven Grundhaltung so einiges ab – doch DER BUCHSPAZIERER ist kein Kinderfilm! Erwachsene, die noch Zeit und Muße haben, Romane zu lesen, werden diesen Film genießen. Doch die Zahl der Leser nimmt seit Jahren ständig ab – besonders bei Männern. Und so ist der Film auch ein liebenswerter Kampf um das Buch.
Gedreht wurde übrigens hauptsächlich in Stolberg und Kornelimünster – zwei Städten am Rand der Nordeifel in der Nähe von Aachen. Und hier hat Regisseur und Kameramann Ngo The Chau aus dem Vollen geschöpft.
Bösartige Kinozuschauer würden bei diesem Film wohl das altertümliche Wort „putzig“ benutzen, alle wohlgesonnenen sagen stattdessen „zauberhaft“!
Der Buchspazierer (Deutschland 2024)
98 Minuten
Familie / Komödie
Ngo The Chau
Andi Rogenhagen, nach dem Roman von Carsten Henn
Christoph Maria Herbst, Yuna Bennett, Ronald Zehrfeld, Edin Hasanovic, Maren Kroymann, Tristan Seith, Hanna Hilsdorf, Nikola Kastner
Studiocanal GmbH