Das Mädchen mit der Nadel

09.01.2025

In DAS MÄDCHEN MIT DER NADEL zeigt uns der Autor und Regisseur Magnus von Horn eine junge Frau in Kopenhagen direkt nach dem Ersten Weltkrieg, die im Dunkel der Gesellschaft zu überleben versucht…

Karoline (Vic Carmen Sonne) arbeitet als Näherin in einer Textilfabrik in Kopenhagen und lebt in einem winzigen Dachgeschoss-Apartment. Von ihrem Mann gibt es kein Lebenszeichen, doch ohne eine Sterbeurkunde erhält sie keinen Anspruch auf Witwenrente. Und so kommt es, wie es kommen muss: Sie kann die Miete nicht zahlen und fliegt aus ihrer Wohnung. Als Jørgen (Joachim Fjelstrup), der Chef der Fabrik, in der sie arbeitet, eine Affäre mit ihr beginnt, scheinen die schlechten Tage vorbei zu sein. Doch weit gefehlt: Der Mann entpuppt sich als Feigling. Als sie schwanger wird, verlässt er sie und feuert sie zudem noch. Am Tiefpunkt angelangt trifft sie auf Dagmar (Trine Dyrholm), die ihr verspricht, das Kind nach der Geburt an eine gute Familie zu vermitteln. Caroline fasst Vertrauen in Dagmar und beginnt sogar, in deren Süßwarenladen zu arbeiten. Doch dann kommt sie einem dunklen Geheimnis auf die Spur…

Der dänische Regisseur Marcus von Horn lebt bereits seit mehr als 20 Jahren in Polen und lehrt an der Nationalen Filmschule von Polen in Lodz, an der er einst selbst seinen Abschluss gemacht hatte. Für ihn ist es interessant, in verschiedenen Sprachen zu drehen, wie er in einem Interview verrät. Seinen ersten Film „The Here After“ drehte er auf Schwedisch, sein zweites Werk „Sweat“ auf Polnisch. Für seine dritte Regiearbeit DAS MÄDCHEN MIT DER NADEL kehrt er nun in seine Heimat Dänemark zurück und liefert ein eindrucksvolles Porträt einer Frau ab, die gegen sämtliche Widrigkeiten kämpft.

In seinem Film setzt von Horn komplett auf die Wirkung seiner Bilder. In schlichtem Schwarz-Weiß und einer minimalen Beleuchtung ist es mitunter schwer zu erkennen, wer da gerade im Bild zu sehen ist. Doch dieser Look unterstützt die Tristesse seiner Hauptfigur. Zeitweise ist es nur schwer auszuhalten, was dieser Frau so alles widerfährt. DAS MÄDCHEN MIT DER NADEL ist einer dieser Filme, die man nach der Sichtung so schnell nicht wiedersehen möchte. Das ist aber keinesfalls auf die Qualität zurückzuführen, nein, handwerklich ist der Film tatsächlich mehr als gelungen, und auch die Darsteller spielen sensationell. Es ist die Schwere, die der Film auf den Zuschauer überträgt, die eine erneute Sichtung in weite Ferne rücken lässt.

Zum Ende der gut zwei Stunden, wenn das grausame Geheimnis, das die von Trine Dyrholm gespielte Dagmar umgibt, gelöst wird, war ich ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht. Die von Dyrholm vorgetragenen Gründe waren für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Hier hätte ich mir ein wenig mehr Tiefgang gewünscht. Doch von Horn ging es in erster Linie darum, zu erforschen, ob man ein guter Mensch bleiben kann, auch wenn das eigene Leben zur Hölle wird.

Trotzdem bleibt DAS MÄDCHEN MIT DER NADEL ein eindrucksvoller Film, denn der Film ist mehr als zeitlos, obwohl er im Jahre 1919 spielt. Er thematisiert etwas, das uns auch heute noch beschäftigt: die Aussätzigen und wie wir mit ihnen umgehen.

Trailer

Im Rahmen der Berichterstattung
ab16

Originaltitel

Pigen med nålen (Dänemark / Polen 2024)

Länge

123 Minuten

Genre

Drama / Historie

Regie

Magnus von Horn

Drehbuch

Magnus von Horn, Line Langebek

Kamera / Director of Photography (DOP)

Michał Dymek Psc

Darsteller

Vic Carmen Sonne, Trine Dyrholm, Besir Zeciri, Avo Knox Martin, Joachim Fjelstrup, Tessa Hoder

Verleih

MUBI

Filmwebsite

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