Im Dezember 2017 erschien eine Kurzgeschichte in der Zeitschrift „The New Yorker“, in der die Autorin Kristen Roupenian über die kurze Beziehung einer 20-jährigen Studentin zu einem ein wenig älteren Mann schreibt. Im Zuge der #MeToo-Debatte ging die Story viral und sorgte für geteilte Meinungen. Mit ihrem Film CAT PERSON versucht Regisseurin Susanna Fogel nun, daraus einen Film zu machen. Leider gelingt ihr das nur teilweise…
Die 20-jährige Margot (Emilia Jones) arbeitet neben ihrem Studium in einem kleinen Arthouse-Kino, wo sie den 34-jährigen Stammgast Robert (Nicholas Braun) kennenlernt. Aus einem flüchtigen Flirt wird irgendwann mehr – sie tauschen Nummern aus und chatten wochenlang miteinander. Dass seine witzigen und geistreichen Nachrichten nicht wirklich zu seinem unbeholfenen Verhalten bei ihren Treffen passen, macht Margot zwar stutzig, trotzdem sucht sie immer wieder nach Ausreden, um ihre innere Stimme ignorieren zu können. Ein Mann der zwei Katzen hat, kann doch kein böser Mensch sein. Während sich ihre Beziehung mehr und mehr entwickelt, scheint sich das Mächteverhältnis zu verschieben. Könnte ihr der liebenswerte Robert vielleicht doch gefährlich werden? Und wo sind eigentlich diese Katzen, die angeblich bei ihm leben sollen? Irgendwann kommt es zum großen Knall und ihre gegensätzlichen Wahrnehmungen der Beziehung prallen aufeinander. Und Margot muss sich die Frage stellen, ob Robert wirklich immer ehrlich gewesen ist…
„Männer haben Angst, dass Frauen sie auslachen. Frauen haben Angst, dass Männer sie töten“, sagte einst die kanadische Schriftstellerin und Dichterin Margaret Atwood. Das daran leider viel zu viel dran ist, ist eine traurige Tatsache in unserer Gesellschaft. Es gibt vermutlich kaum eine Frau, die sich beim Heimweg auf einer dunklen Straße nicht gefürchtet hat. Und wir Männer haben diese Ängste viel zu lang ignoriert. Kein Wunder also, dass Roupenians Kurzgeschichte seinerzeit viral ging. Schließlich handelt es sich um ein immens wichtiges Thema, über das immer noch viel zu selten gesprochen wird.
Susanna Fogel begeht mit CAT PERSON allerdings einen Kardinalfehler: Wo die Kurzgeschichte mit einem relativ offenen Ende schließt, spannt sie die Story noch weiter und führt das Thema damit ad absurdum. Bis zu diesem Punkt legt sie durchaus einen soliden Film vor und erzählt die Geschichte aus der Perspektive von Margot, die uns damit in ihr Innerstes lässt. Wir nehmen teil an ihrer Gefühlswelt, ihren Abwägungen, ihren Ängsten. Emilia Jones entpuppt sich dabei als Idealbesetzung, gelingt es ihr doch nahezu perfekt, uns die Ambivalenz ihrer Figur zu vermitteln.
Achtung! Spoiler-Warnung!
Im nachfolgenden Absatz muss ich leider entgegen meinen Prinzipien ein wenig auf das Ende des Films eingehen. Wer sich nicht spoilern lassen möchte, sollte diesen daher überspringen.
Roupenians Geschichte lässt offen, ob Robert Margot wirklich gefährlich werden könnte. Fogel geht im Film, wie bereits erwähnt, einen Schritt weiter und lässt die Situation beinahe ins Unermessliche eskalieren. Dabei erweckt sie beim Zuschauer jedoch den Eindruck, Robert würde nur so handeln, weil er sich von Margot in die Enge gedrängt fühlt. Daher habe ich die Befürchtung, dass CAT PERSON die Diskussion um toxische Männlichkeit konterkarieren könnte, da einige Männer argumentieren könnten, dass es ja nur so weit gekommen ist, weil die Frau dem Mann keine andere Wahl gelassen hat. Und das Argument „Die sollen sich halt nicht so anstellen“ möchte ich in dieser Diskussion einfach nicht (mehr) hören. Dafür ist das Thema einfach zu wichtig.
Spoiler-Ende.
Vielleicht täusche ich mich, vielleicht habe ich den Film falsch gedeutet – ich hoffe inständig, dass dem so ist. Aber für mich stellt der Film – vielleicht auch ungewollt – das eigentliche Problem in Frage. Uns das sollte bei diesem Thema einfach nicht passieren.
Cat Person (USA 2023)
119 Minuten
Thriller / Drama
Susanna Fogel
Michelle Ashford
Emilia Jones, Nicholas Braun, Geraldine Viswanathan, Hope Davis, lsabella Rossellini, Liza Koshy, Isaac Powell
Studiocanal GmbH