In seinem fünften Film begibt sich der in Mauretanien geborene und in Mali aufgewachsene Regisseur Abderrahmane Sissako ins chinesische Guangzhou und erzählt in BLACK TEA eine wunderschöne Geschichte über Menschen, die ihr privates und berufliches Glück in der Ferne suchen – und über die Magie, die von der Zubereitung einer guten Tasse Tee ausgeht.
Es sollte der schönste Tag ihres Lebens werden, doch zum Erstaunen aller Anwesenden sagt Aya (Nina Mélo), eine junge, ivorische Frau, an ihrem Hochzeitstag plötzlich „Nein“. Sie lässt die Elfenbeinküste hinter sich und beginnt ein neues Leben im chinesichen Guangzhou. Dort arbeitet sie in einem Teeladen, der mitten in einem pulsierenden Viertel liegt, wo die afrikanische Diaspora auf die chinesische Kultur trifft. Der chinesische Besitzer Caï (Han Chang) weist Aya in die traditionelle Kunst der Teezeremonie ein und langsam entwickelt sich eine zärtliche Liebe zwischen den beiden. Doch kann ihre Beziehung die Wirren ihrer Vergangenheit und die Vorurteile der anderen überstehen?
Ganze zehn Jahre hat sich Abderrahmane Sissako Zeit gelassen für seinen neuen Film, nachdem sein letztes Werk „Timbuktu“ in Cannes mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet wurde und für Mauretanien ins Oscar-Rennen ging. Auch bei BLACK TEA schrieb Sissako das Drehbuch zusammen mit seiner Frau und Produzentin Kessen Fatoumata Tall.
Die Handlung spielt, wie bereits eingangs erwähnt, in der afrikanischen Diaspora in Guangzhou, in Chinas Teebergen, an der Elfenbeinküste und auf den Kapverden. Sissako zeigt damit, wie verflochten die Kulturen in unser globalisierten Welt sind. Das gelingt Sissako auf eine ganz eindrucksvolle Art und Weise: Auf fast schon poetische Art und Weise lässt er die unterschiedlichen Sprachen ineinander fließen. So verbinden sich die unterschiedlichen Kulturen nicht nur optisch, sondern auch auf der auditiven Ebene.
Seit ich den Film auf der letztjährigen Berlinale gesehen habe, geht er mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich hatte aber meine Zweifel, ob BLACK TEA auch in einer synchronisierten deutschen Fassung noch seine Magie entfalten würde. Dazu ist der interkulturelle Klangstrom ein viel zu wichtiger Bestandteil dieses Films. Zum Glück hat das auch der Pandora Filmverleih so gesehen und bringt BLACK TEA bei uns nur in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln in die Kinos. Ich ziehe meinen Hut vor dieser Entscheidung und lege dieses kleine Meisterwerk wirklich jedem Kinogänger ans Herz. Zum ebenfalls in dieser Woche startenden „28 Years Later“ bildet BLACK TEA das passende Gegenstück.
Genau wie eine gute Tasse Tee Zeit braucht, nimmt sich auch BLACK TEA ebendiese, um seine Geschichte zu erzählen. Wer sich auf diese Langsamkeit einlässt, dem wird mit einer eindrucksvollen Geschichte und einem mehrsprachigen Klanggewebe die Seele gestreichelt.
Black Tea (Frankreich / Mauretanien / Luxemburg / Taiwan / Elfenbeinküste 2024)
111 Minuten
Drama
Abderrahmane Sissako
Kessen Fatoumata Tall, Abderrahmane Sissako
Nina Mélo, Chang Han, Wu Ke-Xi, Michael Chang, Yu Pei-Jen Huang, Wei Emery Gahuranyi, Isabelle Kabano, Marie Odo, Franck Pycardhy, Cheikh Ahmed Kenkou
Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG