Im Februar 2014 war es endlich soweit. nochnfilm.de nahm zum allerersten Mal an den Berliner Filmfestspielen teil. 10 Tage völliges Abtauchen in die Welt des Festivalfilms war angesagt und ehrlich gesagt hat mich das ganze Umfeld der Berlinale ziemlich geflasht. Insgesamt 26 Filme gab es für mich in dieser Zeit zu sehen. Mit Damien John Harper habe ich zudem ein wunderbares Interview zu seinem Film LOS ÁNGELES geführt. Dieses wird hier auf dieser Website zum Kinostart des Films am 29.01.2015 veröffentlicht.
Zum Abschluss unserer Berichterstattung möchte ich noch kurz auf eine Auswahl der gesichteten Filme eingehen. Der erste Film und somit der Start der Berlinale für mich war STEREO von Maximilian Erlenwein.
In einer verschlafenen Kleinstadt betreibt Erik eine Motorradwerkstatt. Auf seinem Unterarm ist zwar das verräterische Wort „Halunke“ eintätowiert, dennoch erweckt er den Anschein eines braven Durchschnittsbürgers. Die Beziehung zu seiner Freundin Julia ist harmonisch, und auch deren Tochter Linda mag den Ersatz-Papa sehr. Doch plötzlich taucht der mysteriöse Henry auf, der ihn wie ein finsterer Schatten verfolgt. Je mehr Erik versucht, den diabolischen Gast abzuschütteln, desto tiefer dringt Henry in sein Leben ein. Als auch noch der brutale Gangster Keitel ins Spiel kommt und nicht nur Erik, sondern auch Julia und Linda bedroht, gerät die scheinbar heile Welt völlig aus den Fugen.
Nach seinem preisgekrönten Debütfilm Schwerkraft präsentiert Regisseur Maximilian Erlenwein einen ebenso packenden wie philosophisch grundierten Mystery-Thriller. Als eine verdrängte und verborgene Vergangenheit mit aller Macht an die Oberfläche drängt, werden die Figuren durch existenzielle Konflikte erschüttert. Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu in den Hauptrollen bringen ihre geballte Körperlichkeit zum Einsatz und sorgen für ein sinnliches, durchaus nicht unblutiges Abenteuer.
Fazit
Siehe ausführliche Kritik zum Filmstart
Für die Leinwandadaption von Tim Wintons populären Kurzgeschichten wurden 18 renommierte australische Künstler – Regisseure, Schauspieler, Animationsfilmer und Performer – hinter die Kamera geholt. Jeder von ihnen entdeckt und interpretiert die lyrischen Erzählungen des bekannten australischen Autors auf persönliche Weise für das Kino neu. Schauplatz ist Angelus, eine Kleinstadt an der australischen Westküste. Untrennbar sind die Lebenslinien der Bewohner mit der archaischen Landschaft um sie herum verbunden. Die miteinander verwobenen Geschichten erzählen aus dem Alltag ganz gewöhnlicher Menschen, die sich gerade an einem Wendepunkt ihrer Biografie befinden. Das Vergehen der Zeit, die Fehler der Vergangenheit, Abhängigkeit und Besessenheit sind wiederkehrende Motive. Immer wieder begegnet man auch dem rätselhaften Vic, seiner eigenwilligen Familie und seinen diversen Freunden. Die Episoden sind mal melodramatisch, mal nüchtern und sachlich, mal leicht und dann wieder ernst gehalten. Auch durch die unterschiedlichen Handschriften befindet sich der Zuschauer in einem permanenten Wechselbad der Gefühle.
Fazit
Gleich der zweite Film war dann leider eine Enttäuschung. THE TURNING entpuppte sich nicht als das, was die Inhaltsangabe versprach. Die einzelnen waren – zuimndest auf den ersten Blick – keinesfalls miteinander verwoben und teilweise extrem kurz – trotz der Gesamtlauflänge von drei Stunden. So konnte man als Zuschauer kaum eine Verbindung zu den Charakteren aufbauen, da die Episoden schneller beendet waren, als das man überhaupt die Zusammenhänge erfassen konnte.
Der zweite Tag begann mit einem Hollywood-Blockbuster, der für mächtig Andrang sorgte. Selbst die anschließende Pressekonferenz war hoffnungslos überfüllt – dank George Clooney und Bill Murray.
Nach der Landung US-amerikanischer und britischer Truppen in der Normandie erlässt Hitler den Befehl, dass dem Feind keine bedeutenden Kunstschätze in die Hand fallen dürfen. Was die deutschen Truppen nicht mitnehmen oder in Geheimverstecken unterbringen können, soll vernichtet werden. Doch die Alliierten sehen diesem barbarischen Akt nicht tatenlos zu. Sie installieren eine Truppe von „Kunstschutzoffizieren“, die die Aufgabe erhält, hinter den feindlichen Linien nach gefährdeten Gemälden und Skulpturen zu fahnden und sie in Sicherheit zu bringen. Angeführt von dem Kunstexperten Frank Stokes machen sich Museumsdirektoren, Kuratoren und Historiker auf den Weg. Dabei haben sie nicht nur gegen Nazi-Offiziere anzutreten, die sich gern auch privat mit der Kunst schmücken würden, sondern müssen sich auch mit Ignoranz und Arroganz in den eigenen Reihen auseinandersetzen. Basierend auf dem Buch von Robert M. Edsel, beschreibt der Film die gefährlichste Jagd nach Kunstschätzen, die es je in der Geschichte gab. Regisseur George Clooney, der auch die Hauptrolle übernahm, verknüpft komische, tragische und pathetische Momente zu einem Hohelied auf die Retter unwiederbringlichen Kulturguts.
FAZIT
siehe ausführliche Kritik zum Filmstart
Mateo lebt in einer kleinen Ortschaft im Süden von Mexiko mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Der Vater lebt in Los Angeles, wo er für ein besseres Einkommen sorgt, hat sich allerdings schon eine ganze Weile nicht mehr gemeldet. Mateo ist nun 16 und man erwartet, dass auch er das Land verlässt, um Geld zu verdienen. Er schließt sich einer Gang an, auf Unterstützung in Los Angeles hoffend. Um aufgenommen zu werden, muss er schwere Verbrechen begehen. Vor allem eines der Gangmitglieder verbreitet Angst und Schrecken, selbst unter den wichtigsten Männern im Ort. Gleichzeitig kursieren Gerüchte, die Gang bedrohe ein junges Mitglied in Los Angeles. Mateo beginnt, seine Entscheidung zu bereuen. In Erwartung der Gefahr beginnt er, seinen Heimatort mit anderen Augen zu sehen, entwickelt einen melancholischen Blick auf seine Umgebung und das Leben der Menschen. Die alten Bewohner halten fest an althergebrachten Werten und ihren Wurzeln; sie unterstützen einander, wo es ihnen möglich ist. Regisseur Damian John Harper vermeidet mit sicherer Hand jedes Klischee, wenn er zeigt, wie Engel gegen Dämonen aufbegehren.
Fazit:
Der zweite Film des Tages entschädigte ein wenig für die durchschnittliche Hollywood-Ware vom Mittag. Der Nachwuchsregisseur Damien John Harper legt mit LOS ÁNGELES einen beeindruckenden Film vor, der zu überzeugen weiss. So sehr, dass ich den Regisseur ein paar Tage später noch zum Interview getroffen habe. Dieses veröffentlichen wir hier zum deutschen Kinostart Ende Januar 2015.
Zum Abschluss des zweiten Tages begeben wir uns in das erste der beiden als Midnight Movies gekennzeichneten Reihe deutsprachiger Filme.
Im Brandenburgischen fürchtet man den Wolf. Sein Geheul verängstigt die Menschen, die Lämmer bringt er zum Schweigen. Nach dieser Nacht aber werden die Leute sich wünschen, es wäre nur ein Wolf gewesen, der sie heimsucht, statt dieses beunruhigenden Albtraums in Gestalt eines namenlosen Fremden, der mit einem Samuraischwert bewaffnet am Waldrand aufgetaucht ist und eine Spur der Verwüstung durch den Ort gezogen hat. Vor allem für den jungen Dorfpolizisten Jakob ist die Begegnung mit dem Samurai eine Konfrontation mit den eigenen Dämonen, den verleugneten Seiten seiner selbst und schillernden Ausbruchsfantasien. Von klein auf sorgfältig unterdrückt, brechen sie in dieser Situation Furcht einflößend stark auf, und je verbissener Jakob sich bemüht, seine charakterliche Rüstung, wie auch Recht und Gesetz gegen den Einbruch des Irrationalen aufrechtzuerhalten, desto unwiderstehlicher wächst im Verborgenen der Drang, das Geschenk seines Gegners anzunehmen – sich lustvoll und enthemmt der Grenzüberschreitung hinzugeben.
Fazit:
In unserer ausführlichen Kritik zum Kinostart
Der dritte Tag beginnt mit dem Film, auf den sich nahezu alle Kollegen am Meisten freuen…
In einer Gasse vor seinem Wohnhaus liest der alternde Junggeselle Seligman eine blutüberströmte junge Frau auf und nimmt sie mit zu sich. Dort erzählt ihm Joe aus ihrem Leben, von ihren Erfahrungen mit Männern und der unstillbaren Sucht nach Sex. Über die Physiologie des weiblichen Körpers haben sie die Bücher ihres Vaters aufgeklärt, der Arzt ist. Noch nicht erwachsen, geht sie gemeinsam mit einer Freundin auf Sextour, verführt Männer in Wohnungen, Zugabteilen, Kneipen, Büros. Und findet in Jerôme, von dem sie ein Kind hat, eine Konstante in ihrem Dasein. Doch das Glück ist zerbrechlich.
Fazit:
In unserer ausführlichen Kritik zum Kinostart
Springen oder nicht springen, das ist hier die Frage. Vier lebensmüde Menschen treffen in der Silvesternacht auf dem Dach eines Londoner Hochhauses aufeinander – und damit vier Generationen, vier soziale Milieus und vier verschiedene Gründe für den Freitod: Der abgehalfterte Talkmaster und Ex-Womanizer mit Alkoholproblemen Martin Sharp, die Hausfrau Maureen, die durch die jahrelange Pflege ihres schwerbehinderten Sohnes an den Rand ihrer Kräfte gelangt ist, der erfolglose Rockmusiker JJ und die liebeskranke, aufmüpfige Jess, die Jüngste von allen. Im Lauf der turbulenten Nacht erzählen sie sich ihre Lebens- und Leidensgeschichten und schließen einen Pakt. Vor dem Valentinstag wird keiner Selbstmord begehen. Es bleiben sechs Wochen, die gemeinsam überlebt werden müssen.
Fazit:
Leichte Unterhaltung nach einem Roman von Nick Hornby leitet für mich den Feierabend des dritten Tages ein. Im Prinzip haben wir hier keinen sehenswerten Film vorliegen, aber die Darsteller wissen trotzdem zu überzeugen und kaschieren so manche dramaturgische Fauxpas.
Athen 1962. Als der amerikanische Reiseführer und harmlose Schwindler Rydal die schöne, elegante Colette das erste Mal bemerkt, flaniert sie an der Seite eines wohlhabenden älteren Geschäftsmanns durch die Akropolis. Wenig später lernt er sie kennen. Das Ehepaar Colette und Chester MacFarland lädt ihn zum Essen ein, und der junge Mann ist fasziniert von der vornehmen Art der beiden. Ein Unfall im Hotel bringt die drei in eine prekäre Situation. Gemeinsam flüchten sie über Griechenlands Inseln und Dörfer, wobei das Ehepaar auf Rydal angewiesen ist, der fließend Griechisch spricht und viele Verbindungen hat. Chester MacFarland wäre lieber allein mit seiner Frau, denn Rydal ist sichtlich von ihr angezogen. Bald lässt MacFarland die Maske des vornehmen Herren fallen und zeigt sein wahres Gesicht.
Fazit:
Regisseur Hossein Amini inszeniert einen recht eintönigen Film mit durchaus sehenswerten Bildern. Es dauert, bis die Handlung in Schwung gerät, doch gegen Ende fragt man sich, ob das jetzt wirklich alles gewesen sein soll.
So endet mein dritter Tag mit ein wenig Enttäuschung, doch die Aussicht auf die geplanten Filme des nächsten Tages lassen das Cineastenherz höherschlagen.