Episches Kino – Filme mit langem Atem – haben besonders in Italien eine große Tradition. Das berühmteste Beispiel ist wohl „Novecento“ („1900“) von Bernardo Bertolucci: ein cineastisches Meisterwerk über ein halbes Jahrhundert, von Verdis Tod bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. In seinem komödiantischem Melodram AUF ALLES, WAS UNS GLÜCKLICH MACHT folgt Regisseur Gabriele Muccino über 40 Jahre dem Leben von vier Freunden: von den 1980er-Jahren bis in die Gegenwart. Damit der Zuschauer nicht den Überblick verliert, benutzt Muccino ein ungewöhnliches Stilmittel, das leider nicht jedermanns Geschmack ist: Bei Zeitsprüngen spricht einer der Protagonisten direkt in die Kamera und stellt so die direkte Verbindung zwischen Handlung und Kinosaal her. Gewöhnungsbedürftig!
Rom: Paolo und Giulio sind seit Kindertagen die engsten Freunde. Bei einer gewalttätigen Demonstration gegen die „Roten Brigaden“ müssen sie mit ansehen, wie ein gleichaltriger Junge durch einen Querschläger schwer verletzt wird. Sie retten Riccardo das Leben und nehmen ihn als dritten im Bunde auf. Kurz danach stösst der mitreißende Teenager Gemma zu ihnen. Natürlich verlieben sich alle drei Jungs in das bildschöne Mädchen. Nach dem Tod ihrer Eltern muss sie zu ihrer Tante nach Neapel ziehen – doch keine Angst: Im Laufe der Jahrzehnte kommen die Vier immer wieder zusammen.
Jahre später: Giulio (Pierfrancesco Favino) ist Anwalt mit undurchsichtigen Nebengeschäften geworden, Paolo (Kim Rossi Stuart) ein biederer Lehrer, Riccardo (Claudio Santamaria) bleibt ein weltfremder Möchtegern-Künstler und Träumer. Gemma (Micaela Ramazzotti) und Giulio werden ein Paar, doch sie betrügt ihn mit Paolo. Auch diese Beziehung hat keine Zukunft, weil sich seine dominante Mutter ständig einmischt. Aber nach 40 Jahren gibt es eine Art Happy-End.
Vor 15 Jahren hatte Muccino in Hollywood zwei Filme mit Will Smith gedreht – hart am Rande des Kitsches. Und der ist auch hier nicht fern. Viele emotionale Entwicklungen sind unglaubwürdig, die politische Ebene wirkt aufgesetzt. Der Bezugspunkt des Regisseurs war Ettore Scolas „Wir hatten uns so geliebt“ von 1974, auch ein epischer Film über die Freundschaft. Wie wichtig Muccino das italienische Kino ist, zeigt er uns überdeutlich, als er eine Schlüsselszene am römischen Trevi-Brunnen spielen lässt, als Hommage an Fellinis „La dolce vita“. Damals badete Anita Ekberg im nicht sehr tiefen Wasser, und Marcello Mastroianni schaute zu. Das ist doch sehr aufdringlich!
Gli anni più belli (Italien 2019)
129 Minuten
Drama
Gabriele Muccino
Gabriele Muccino, Paolo Costella
Pierfrancesco Favino, Micaela Ramazzotti, Claudio Santamaria, Kim Rossi Stuart, Nicoletta Romanoff, Emma Marrone, Alma Noce, Francesco Centorame, Andrea Pittorino, Matteo De Buono, Mariano Rigillo, Francesco Acquaroli, Paola Sotgiu, Fabrizio Nardi, Elisa Visari, Ilan Muccino
Prokino Filmverleih GmbH