Das war im vergangenen Sommer eine Sensation: Der Dokumentarfilm ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED von Laura Poitras gewann beim Filmfestival von Venedig den Hauptpreis, den Goldenen Löwen. Vor wenigen Monaten ist bei der Berlinale das Gleiche passiert: Auch dort erhielt ein Dokumentarfilm den Hauptpreis. Wenn das einreißt…
Für ihren grandiosen Film „Citizenfour“ über den Whistleblower Edward Snowden wurde der US-amerikanischen Regisseurin Laura Poitras 2015 der Oscar für den besten Dokumentarfilm verliehen. In ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED beschreibt sie die unsägliche Allianz der Pharmaindustrie mit einer berüchtigten Mäzenatenfamilie. Gleichzeitig ist der Film ein einfühlsames Porträt der renommierten Fotografin Nan Goldin.
Nan Goldin war aus dem New Yorker „No Wave“-Underground zu einer der bedeutendsten Fotografinnen des 20. Jahrhunderts aufgestiegen. Ihre aufwühlenden Fotografien widmen sich Themen wie Sexualität, Sucht und Tod. Sie sind von schonungsloser Direktheit, großer Intimität und Vielschichtigkeit. Und immer wieder reflektiert Nan Goldin den frühen Suizid ihrer Schwester Barbara.
Nach einer Operation wird Goldin ein starkes Schmerzmittel verschrieben. Was sie nicht ahnt: Das Medikament OxyContin enthält Opiate und macht sie drogenabhängig. Sie recherchiert und findet heraus: Während der sogenannten Opiod-Krise mussten rund eine halbe Million US-Amerikaner deshalb ihr Leben lassen. Die Schuldigen waren schnell gefunden: die Pharma-Familie Sackler, gleichzeitig bekannt für ihre umfangreichen Spenden an Museen und anderen prestigeträchtigen künstlerischen Projekten.
Mit mutigen Aktionen schafft es Nan Goldin, dass sich berühmte Museen wie der Louvre, die Tate, das Guggenheim oder das Met vom Namen Sackler distanzieren und den Schriftzug in bestimmten Räumen entfernen. Das ist zwar nur ein kleiner Schritt…
THE BEAUTY AND THE BLOODSHED ist ein wichtiger Film – ohne Frage! Doch in meinen Augen hat er ein gewaltiges Problem: Die beiden Erzählstränge wollen sich nicht zu einer Einheit verbinden. Auf der einen Seite haben wir das Porträt einer grandiosen Fotografin mit ihrem erfolgreichen Kampf gegen die Drogensucht. Auf der anderen Seite den eher symbolischen Akt, in Museen den Namen einer berüchtigten Familie zu entfernen. Das passt nicht immer zusammen. Und über OxyContin erfahren wir einfach zu wenig. Schade!