Ach du Scheiße!

20.10.2022

Das deutsche Genre-Kino ist tot? Mitnichten! Denn die unfassbar absurde Komödie ACH DU SCHEISSE! von Lukas Rinker markiert das Revier deutlich – und das in einem Dixi-Klo!

Als Architekt Frank (Thomas Niehaus) aufwacht, befindet er sich in einem Dixi-Klo, welches offenbar in eine Baugrube gefallen ist. Als wäre das nicht bereits genug, ist sein Arm auch noch von einem Stahlbolzen blutig aufgespießt. Doch warum ist die Tür von außen verschlossen? Aus der Ferne hört er den Countdown der bevorstehenden Sprengung. Es bleiben ihm nur noch 90 Minuten, um sich aus dieser misslichen Lage zu befreien. Die Uhr tickt…

Wenn man sich die deutschen Beiträge des Genre-Kinos anschaut, dann fällt einem als Zuschauer meist auf, dass beinahe immer gewisse Aspekte gut gelungen sind, andere aber völlig vernachlässigt wurden. Mal setzt man Wert auf gute Effekte, die dann gegen eine langweilige Story ankämpfen müssen, mal stimmt die Geschichte, aber die Darsteller wurde offenbar bei der Laienspielgruppe Castrop-Rauxel gecastet, und mal ist der Inhalt spannend, aber man wird durch drittklassige Special-Effects abgelenkt. Oder das ganze Produkt ist so dermaßen glatt gebügelt, weil irgendein großer Verleih möglichst alle Zielgruppen ansprechen möchte. Irgendwas ist meistens immer…

Aber dann kommt da ACH DU SCHEISSE! um die Ecke – eine ambitionierte Produktion, die so einiges richtig macht. Die Idee, einen Film gänzlich in einem Dixi-Klo spielen zu lassen, ist durchaus neu und genial. Doch immer dann, wenn es um Filme mit einem stark eingeschränkten Spielbereich geht, hängt das Ganze immens von der darstellerischen Leistung des Protagonisten ab. Man denke nur an „Nicht auflegen (2002)“ mit Colin Farrell oder „Buried (2010)“ mit Ryan Reynolds. Thomas Niehaus schafft das problemlos. Die Angst, die ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben steht, nimmt man ihm in jeder Sekunde ab. Damit wäre der erste Punkt auf der Genrefilm-Checkliste schon mal abgehakt. Gut, Gedeon Burkhard, den man meistens nur als Stimme aus dem Off hört, spielt für meine Begriffe etwas zu übertrieben, aber sei’s drum.

Die bereits erwähnte Geschichte kann auch überzeugen, denn obwohl sie ausschließlich in eben diesem Dixi-Klo spielt, zeichnet Lucas Rinker durchaus ein größeres Bild, das sich zum Glück nicht wie an den Haaren herangezogen anfühlt. Außerdem sitzen die Gags, was zeigt wie wichtig punktgenaues Comedy-Timing ist. Punkt zwei wäre damit auch gecheckt.

Kommen wir zum dritten Part – den Spezialeffekten. Auch die sehen stark aus und man ertappt sich als Zuschauer immer mal wieder dabei, den Kopf instinktiv wegzudrehen. Dabei mussten die Macher wie fast alle kleinen Produktionen mächtig tricksen. So ist beispielsweise Kunstblut viel zu teuer, wie die Darsteller und der der Produzent bei der Hamburger Preview im Zeise Kino verraten haben. „Wir haben stattdessen einfach Rote-Beete-Saft und Kaba benutzt“, so Produzent Tonio Kellner. Ich muss zugeben, dass das für mich tatsächlich täuschend ähnlich aussah. Chapeau! Und ein weiterer Haken auf der Checkliste.

Natürlich muss man dieses Genre mögen, um Spaß an ACH DU SCHEISSE! zu haben. Aber ganz ehrlich – wenn das Ergebnis so verdammt gut aussieht, dann kann man durchaus auch mal über seine Genre-Grenzen springen. Und zu wissen, dass dieser Film gänzlich ohne Fördergelder entstanden ist, lässt ihn auf meiner Bemessungs-Skala gleich noch ein wenig höher steigen. Bravo!

Trailer

ab16

Originaltitel

Ach du Scheisse! / Holy Shit! (Deutschland 2022)

Länge

90 Minuten

Genre

Komödie / Drama / Thriller

Regie

Lukas Rinker

Drehbuch

Lukas Rinker

Darsteller

Thomas Niehaus, Gedeon Burkhard, Olga von Luckwald, Rodney Charles, Friederike Kempter, Björn Meyer, Uke Bosse, Micaela Schäfer, Yuki Iwamoto

Verleih

Neopol Film Kellner & Zapf GbR

Filmwebsite

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