Es ist natürlich ein Zufall, dass zwei fast identisch gelagerte Filme innerhalb nur eines halben Jahres in unsere Kinos kommen. Nach „Treasure“ von Julia von Heinz nun A REAL PAIN von und mit Jesse Eisenberg. In beiden Fällen fliegen zwei US-Verwandte auf der Spur ihrer Vorfahren nach Polen und besuchen dabei auch ein Konzentrationslager der Nazis.
Man kennt ihn vor allem als Schauspieler in schwierigen Rollen: Jesse Eisenberg („The Social Network“, „Night Moves“, „Zombieland“). Nach seinem Debüt „When You Finish Saving the World“ (2022) legt er jetzt mit A REAL PAIN seinen zweiten Film als Regisseur vor. Er schrieb auch das Drehbuch, war Co-Produzent und übernahm eine der beiden Hauptrollen.
Eisenberg wurde 1983 im New Yorker Stadtteil Queens geboren. Seine Eltern sind polnisch-jüdischer bzw. ukrainisch-jüdischer Herkunft. Kein Wunder, dass in seinem Drehbuch viel Autobiografisches mitschwingt – und das spürt man ständig während der gerade mal 90 (!) Minuten.
Die Cousins David (Jesse Eisenberg) und Benji (Kieran Culkin) könnten unterschiedlicher nicht sein: David ist ein in sich ruhender, schüchterner New Yorker Familienvater, Benji ein aufbrausender „Hans Dampf in allen Gassen“. Weniger wohlgesonnene Mitbürger würden ihn als „Kotzbrocken“ bezeichnen. Beide reisen nach Polen, um mehr über ihre geliebte, kürzlich verstorbene Großmutter zu erfahren.
Bei der Ankunft in einem Warschauer Hotel schließen sie sich einer Touristengruppe an, die vom redseligen Briten James (Will Sharpe) geleitet wird. Der scheue David findet kaum Kontakt – Benji dagegen fühlt sich sofort als Hahn im Korb und flirtet mit der schönen Marsha (Jennifer Grey; ja genau die aus „Dirty Dancing“, inzwischen etwas älter geworden).
Man besucht die klassischen Touristenziele in Warschau und trifft sich abends an der Bar. Hier offenbart sich, warum die so ungleichen Cousins trotzdem so intensiv aneinander hängen. Nach der obligatorischen KZ-Besichtigung trennen sich die Cousins von der Gruppe und reisen zu zweit weiter zum ehemaligen Wohnhaus ihrer Großmutter. Mit verblüffendem Ausgang…
Auch wenn Eisenberg viel Gespür dafür zeigt, wie man die Gruppendynamik eines zusammengewürfelten Haufens inszeniert, kann er doch nicht alle Klischee-Gefahren umschiffen. So haben beispielsweise alle Reisenden beim Vorbeigehen an Gaskammer und Krematorium den gleichen betroffenen, aber auch nichtssagenden Gesichtsausdruck. Auch hatte er nicht den Mut, sich und Kieran Culkin mal gegen den gängigen Typus zu besetzen. Denn Figuren wie David spielt Eisenberg schon sein ganzes Leben als Schauspieler.
So bleibt in diesem psychologischen Film-Essay nur der nicht ganz geglückte Versuch, hinter die Fassaden von bis zum Schluss rätselhaften Personen zu blicken. Mal feinfühlig, mal oberflächlich!
A Real Pain (USA 2024)
90 Minuten
Tragikomödie
Jesse Eisenberg
Jesse Eisenberg
Michał Dymek
Jesse Eisenberg, Kieran Culkin, Will Sharpe, Jennifer Grey, Kurt Egyiawan, Liza Sadovy, Daniel Oreskes
Walt Disney Studios Motion Pictures Germany GmbH