Der Film der Woche

Sing Street

26.05.2016

Irland in den Achtzigern. Vor dem Hintergrund von Rezession und Arbeitslosigkeit wächst der jugendliche Conor (Ferdia Walsh-Peelo) in Dublin auf. Als Außenseiter in der Schule gebrandmarkt, flieht er in die Welt der Popmusik und träumt nebenbei von der unerreichbaren, schönen Raphina (Lucy Boynton). Seine Idee: Er lädt Raphina ein, im Musikvideo seiner Band aufzutreten. Sein Problem: Er hat gar keine Band, kann noch nicht mal ein Instrument spielen. Aber sein Plan darf auf keinen Fall scheitern. Also gründet er mit ein paar Jungs aus der Nachbarschaft kurzerhand eine Band und voller Leidenschaft schreiben sie ihre ersten Songs… 

Kritik

Kein einziger Regisseur versteht die Bedeutung von Musik so sehr wie John Carney. Das stellt er mit SING STREET erneut mehr als deutlich unter Beweis. Eigentlich möchte ich jetzt nichts anderes, als eine Band gründen…

Dass ein einziger Song mehr ausdrücken kann, als jedes gesprochene Wort, dürfte jedem bewusst sein, der sich auch nur ansatzweise mit Musik beschäftigt. Denn Songs vermitteln nicht nur eine Melodie und/oder einen Text, sondern zumeist auch tiefgründige Emotionen – okay, wenn wir einmal von ein paar Lalala-Boygroup-Songs oder Schlagern absehen. Diese Emotionen in kurze Videoclips zu übertragen, ist bereits eine Kunst für sich, an der bereits viele Regisseure gescheitert sind. Daraus aber einen abendfüllenden Spielfilm zu machen, der die perfekte Symbiose aus Songs und Handlung bildet, ist für mich die Königsklasse.

John Carney hat mit ONCE und CAN A SONG SAVE YOUR LIFE bereits zwei Mal bewiesen, dass es ihm genau das wie keinem anderen Regisseur gelingt. Als Musikliebhaber verbeuge ich mich vor dieser eindrucksvollen Leistung. Auch in SING STREET macht Carney wieder genau das, was er am besten kann und liefert vielleicht DEN Musikfilm des Jahres ab.

Zusätzlich fängt er dabei perfekt die Stimmung im Irland der 80er Jahre ein. Es herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit und beinahe jeder hat den Traum, nach Großbritannien auszuwandern, um dort sein Glück finden. In Irland gibt es offenbar keine Zukunft für junge Menschen. Unterstützt wird diese Stimmung durch die vielen Ratschläge des Bruders der Hauptfigur. Eine selbst Musiker, hat er sich inzwischen aufgegeben und lebt vor sich hin. Allerdings lässt er es sich nicht nehmen, seinen Bruder immer wieder mit mehr oder minder guten Weisheiten zu beglücken. „Keine Frau kann einen Mann lieben, der Phil Collins hört“ ist nur ein einziges Beispiel dafür.

Auch die Entwicklung der Band hat Carney perfekt dargestellt. Schließlich dauert es, bis eine Band ihren eigenen Stil findet. Zu Beginn wird man immer wieder durch andere Musiker und Songs beeinflusst und probiert sich in diese Richtungen aus. So klingt der erste Song „The Riddle of the Model“ ganz klar nach Duran Duran, während sich mit „Up“ und „To Find You“ langsam so etwas wie ein eigener Stil entwickelt.

Nachdem man sich intensive mit The Cure beschäftig, klingt natürlich auch „A Beautiful Sea“ danach. Den nächsten Einfluss machen Hall & Oates möglich. „Drive it Like You Stole it“ klingt verdammt nach „Maneater“. Mit dem sich langsam festigendem Stil steigt auch das Selbstverstrauen: „Du kannst Dinge nur aufhalten, aber nicht erschaffen“ erwidert Conor seinem größten Widersacher an der Schule.

Mit den letzten Songs „Girls“ und „Brown Shoes“ findet die Band dann schlussendlich ans Ziel und schließt damit den Film mehr als perfekt ab.

Wer mit den Songs der 80er Jahre aufgewachsen ist, der wird SING STREET mit Sicherheit lieben, vor allem die Songs des Soundtracks. Alle anderen erwartet ein faszinierender Blick in eine vergangene Welt voller wunderbarer Popsongs, wie sie heutzutage kaum noch geschrieben werden. SING STREET ist eine einzige Hommage an die Kraft der Musik. Wer gründet denn nun eine Band mit mir?

Soundtrack

Trailer

ab6

Originaltitel

Sing Street (Irland / Großbritannien / USA 2016)

Länge

106 Minuten

Genre

Drama, Musikfilm

Regie

John Carney

Drehbuch

John Carney

Darsteller

Ferdia Walsh-Peelo, Lucy Boynton, Jack Reynor, Maria Doyle Kennedy, Aiden Gillen, Kelly Thornton, Ben Carolan, Mark McKenna, Percy Chamburuka, Conor Hamilton, Karl Rice, Ian Kenny, Don Wycherley

Verleih

Studiocanal GmbH

Filmwebsite

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