Der Film der Woche

Nymphomaniac Vol. 1

20.02.2014

An einem kalten Winterabend findet Seligman (Stellan Skarsgård) in einer kleiner Seitenstraße die halb-bewusstlose, offensichtlich zusammengeschlagene Joe (Charlotte Gainsbourg). Er nimmt sich ihrer an, bringt sie zu sich nach Hause und pflegt die Frau. Als sie wieder zu sich kommt und Seligman sie fragt, was passiert sei, erzählt Joe nach einigem Zögern dem fremden Mann ihre Lebensgeschichte. Und dies ist die Geschichte ihrer Sexualität, ihrer zahllosen erotischen Erlebnisse, mutig und albern, lustvoll und quälend, beiläufig und zwanghaft, eine Zumutung und eine Befreiung. 

Kritik

Lars von Trier weiß, wie man schockiert, wie man Aufmerksamkeit erregt. 2011 sorgte er bei den Filmfestspielen von Cannes für einen Skandal, als er sich als Hitler-Sympatisant outete. Auch eine nachträglich Entschuldigung und die Begründung, dass er lediglich einen Scherz machen wollte, änderte nichts: Der Festivalleiter erklärte von Trier fortan zur Persona non grata. Seit diesem Vorfall gibt von Trier keine Interviews mehr und stellt sich auch in Pressekonferenzen nicht mehr den Fragen der Journalisten.

In Berlin, wo Lars von Trier die Langfassung von NYMPHOMANIAC VOL. 1 vorstellte, erschien er zwar am roten Teppich und zum Fotocall, überließ die Pressekonferenz hingegen seinen Darstellern. Beim Fotocall überraschte er dann mit einem Cannes-T-Shirt mit dem Aufdruck „Persona non grata“. Der Mann weiß halt, wie er für Publicity sorgt.

Doch kommen wir zum Film, der im ersten Teil überwiegend die junge Joe zeigt, eindrucksvoll dargestellt von Stacy Martin. Schonungslos, berührend, verstörend und packend erzählt der Film in Rückblenden von ihren sexuellen Erlebnissen und stellt dabei überraschende Assoziationen her. Von Anglern über Fibonacci-Zahlen bis hin zur Musik gelingt es dem Film, trotz der expliziten Sexszenen nicht pornografisch zu wirken. In der normalen Kinoversion (117 Minuten) sind diese aber im Vergleich zur Langversion (145 Minuten) extrem entschärft.

Ich hatte die Möglichkeit, die Langversion auf der diesjährigen Berlinale zu bewundern und kann mit Recht behaupten, dass Lars von Trier hier ein wahres Meisterwerk gelungen ist. In der Kinofassung fehlt zwar inhaltlich offenbar nichts, was auch in der Langfassung zu sehen war, trotzdem wirkt die Version etwas unrunder – woran auch immer das liegen mag.

In jedem Fall macht NYMPHOMANIAC VOL. 1 Lust auf den zweiten Teil, der am 3. April 2014 in die deutschen Kinos kommt. Verpassen sollte man diese geniale Schöpfung des dänischen Regisseurs aber in keinem Fall.

Trailer

ab16

Originaltitel

Nymphomaniac Vol. 1 (Dänemark / Deutschland / Frankreich / Schweden 2013)

Länge

117 Minuten

Genre

Drama

Regie

Lars von Trier

Drehbuch

Lars von Trier

Darsteller

Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgård, Stacy Martin, Shia LaBeouf, Christian Slater, Uma Thurman, Sophie Kennedy Clark, Connie Nielsen,

Verleih

Concorde Filmverleih GmbH

Filmwebsite

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