Mustang

Autor: Michael Spangenberg

Gründer und Chefredakteur von nochnfilm.de. Fan der kleinen, aber äußerst feinen Filme. Zwischendurch darf es auch gerne mal ein Blockbuster sein. In allen Genres zu Hause, aber ständig auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsfilm.

Sommer in einem türkischen Dorf. Lale und ihre vier Schwestern wachsen nach dem Tod der Eltern bei ihrem Onkel auf. Als sie nach der Schule beim unschuldigen Herumtollen mit ein paar Jungs im Meer beobachtet werden, lösen sie einen Skandal aus. Ihr als schamlos wahrgenommenes Verhalten hat dramatische Folgen: Das Haus der Familie wird zum Gefängnis, Benimmunterricht ersetzt die Schule und Ehen werden arrangiert. Doch die fünf Schwestern – allesamt von großem Freiheitsdrang erfüllt – beginnen, sich gegen die ihnen auferlegten Grenzen aufzulehnen. 

Kritik

MUSTANG ist in diesem Jahr für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. Zu Recht? Zu Recht!

Selten hat ein Film so eindrucksvoll gezeigt, wie die Vorstellung eines sittenwidrigen Verhaltens ausschließlich in den Köpfen der ewig Gestrigen entsteht. Die Situation, die als Auslöser für die Probleme der türkischen Schwestern fungiert, ist nämlich alles andere, aber eben keine sexuell aufgeladene Situation. Es ist lediglich der Stress der Schule, der am letzten Tag vor den Ferien von den Mädchen abfällt.

Der Vater jedoch hat Angst, sein Gesicht zu verlieren und beginnt, seine Töchter mehr und mehr zu unterdrücken. Das ist teils so herzzerreißend, dass man als Zuschauer in den Film springen und die Erwachsenen zur Räson bringen möchte.

Beinahe nebenbei gelingt MUSTANG aber noch etwas ganz Besonderes. Er bringt das Thema des Kindesmissbrauchs so zur Sprache, wie er zumeist von Statten geht: Hinter verschlossen Türen und unbemerkt von Dritten. Wenn man dem Film nicht die volle Aufmerksamkeit widmet, entgeht einem vermutlich dieses pikante Detail. Genau das macht ihn so besonders, so wichtig.

MUSTANG ist ein Film, der noch lange nachhallt. Er ist aber auch ein Film, dem es gelingt, nicht unter der Schwere des Themas zu ersticken. Nein, im Gegenteil, denn egal wie ausweglos die Geschichte auch sein mag, es gibt immer und für alles eine Lösung. Hier ist die Lösung ein schier unfassbar wundervoller Film, den wirklich niemand verpassen sollte.

Trailer